Eine Ursache für die psychische Vulnerabilität der Patientinnen für affektive Erkrankungen könnte in Schwankungen der Geschlechtshormone bestehen, die an der Affektregulation beteilgt sind. So besteht beispielsweise ein Zusammenhang zwischen den zirkulierenden Mengen an Östrogen und der serotonergen Neurotransmission, die ja bei depressiven Erkrankungen deutlich beeinträchtigt ist. Fällt in der zweiten Zyklushälfte, post partum oder perimenopausal der Östrogenspiegel ab, leiden Frauen verstärkt unter depressiver Verstimmung, Konzentrationsstörungen und Schlaflosigkeit. Offenbar sind Frauen bei reduzierten Östrogenspiegeln nicht nur gegenüber der prämenstruellen dysphorischen Störung (PMDS) bzw. dem prämenstruellen Syndrom (PMS), sondern auch gegenüber Dysthymie, Major-Depression sowie gegenüber Angststörungen und sogar psychotischen Episoden besonders anfällig. Während die hormonelle Situation durch eine Hormonsubstitution normalisiert werden kann, ist diese Behandlung nicht in der Lage, ernste affektive Störungen wie z. B. eine chronisch-rezidivierende Major-Depression zu bessern. In diesem Zusammenhang hat sich die Therapie mit einem Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Sertralin als wirksamer erwiesen als die Gabe anderer Antidepressiva. In einer Studie an über 150 Frauen mit PMDS sprachen im dritten Zyklus 67% der Patientinnen auf Sertralin an. In Deutschland ist Sertralin zugelassen zur Behandlung aller Formen der depressiven Erkrankung. (HV)
First World Congress on Women's Mental Health
Neuro-Depesche 5/2001
Geschlechtsspezifische Therapie der Depression
Die meisten psychiatrischen Erkrankungen, insbesondere affektive Störungen, treten bei Frauen häufiger auf als bei Männern. Auf dem "Ersten Weltkongress zur psychischen Gesundheit der Frau" wurden nun eingehend frauenspezifische Erkrankungsaspekte erörtert, die offenbar noch zu wenig beachtet werden.