Belastung von Kopfschmerz-Patienten im Vergleich

Neuro-Depesche 11-12/2021

Geschlechterunterschiede bei Migräne und TTH

Migräne und Spannungskopfschmerz (Tension-Type Headache, TTH) treten bei Frauen häufiger auf als bei Männern. Außerdem existieren zwischen den Geschlechtern deutlich Unterschiede in den Komorbiditäten, im Therapieansprechen, in krankheitsmodifizierenden Faktoren sowie in der Krankheitslast. Zeigt auch die mit beiden Kopfschmerz-Typen einhergehende (iktale und interiktale) Krankheitslast geschlechtsspezifische Unterschiede? In der Schweiz wurde versucht, dies zu klären.
Informationen über geschlechtsbezogene Einflüsse auf die iktale und interiktale Belastung bei Kopfschmerzpatienten sind begrenzt. In einer Schweizer Studie beantworteten jetzt 472 Migränepatienten (74,6 % weiblich) und 161 TTH-Patienten (59,6 % weiblich) eine Online-Umfrage auf Basis des EUROLIGHT-Fragebogens mit elf Items.
 
Höhere Belastung der Frauen
Die Studie ergab u. a. eine hohe Prävalenz an Stigmatisierung und sozialer Isolation (39 %). Von Familie und Freunden nicht verstanden fühlten sich 17 % des Kollektivs. Die Männer mit Migräne berichteten signifikant häufiger keine Probleme in ihrem Liebesleben (61,52 % vs. 78,87 %; p = 0,005), verbargen häufiger ihre Migräne nicht (76 % vs. 58,26 %; p = 0,004), berichteten seltener ein fehlendes Verständnis von Familie und Freunden (8,11 % vs. 18,99 %; p = 0,024) und hatten häufiger keine interiktale Angst vor der nächsten Attacke (82,35 % vs. 67,25 %; p = 0,013) als die Frauen mit Migräne. Die Männer gaben außerdem signifikant häufiger an, dass ihre Migräneattacken in der Regel nicht so schwer sind (13,75 % vs. 4,08 %; p < 0,001). Zu- dem wiesen die Frauen auf der Hospital Anxiety and Depression scale (HADS) einen höheren Score für depressive Symptome (7,37 vs. 5,85; p = 0,045) und für Angstsymptome auf (8,82 vs. 7,05 Punkte; p = 0,004). Für die TTH-Patienten ergaben sich in all diesen Variablen keine signifikanten geschlechterbezogenen Unterschiede.
Im Regressionsmodell war eine höhere Kopfschmerzhäufigkeit der wichtigste Faktor für die Krankheitslast bei weiblichen, nicht aber bei männlichen Migrane-Patienten. HL
Fazit
Dieser Umfrage zufolge ist die Krankheitslast bei Frauen mit Migräne – nicht jedoch beim TTH – in vielerlei Hinsicht höher als bei den Männern. Daher bedarf es gerade bei der Migräne einer geschlechterspezifischen Präzisionsmedizin. Generell, aber insbesondere bei den Frauen, ist die Verringerung der Attackenhäufigkeit durch eine geeignete Prophylaxe sowie die Therapie komorbider Depressionen und Angstsymptome entscheidend, um die Migräne-bedingte Belastungen zu senken.
Quelle: Neumeier MS et al.: Dealing with headache: sex differences in the burden of migraine- and tension-type headache. Brain Sci 2021; 11(10): 1323 [Epub 5. Okt,; doi: 10.3390/brainsci11101323]

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