Major Depression und Kognition

Neuro-Depesche 9/2020

Geringere Lebensqualität bei Gedächtnisproblemen

Zertifizierte Fortbildung
Offenbar können kognitive Beeinträchtigungen wie Gedächtnisdefizite oder Störungen der Exekutivfunktionen die Lebensqualität bei depressiven Patienten – unabhängig von der Grunderkrankung – verringern. Dies wurde nun im Detail von australischen und deutschen Forschern untersucht.
Anhand der Daten der Querschnittsstudie Cognitive Function and Mood Study (COFAMS) wurden die Zusammenhänge bei 387 Patienten mit einer Major Depression (MDD) geprüft. 93 waren akut depressiv und 170 remittiert. Zusätzlich wurde eine Kontrollgruppe von 124 psychisch Gesunden gebildet.
Die Lebensqualität wurde mit dem Fragebogen Short Form 36 (SF-36) erfasst und die Kognition mit der Repeatable Battery for the Assessment of Neuropsychological Status (RBANS), den Colorado Assessment Tests (CATs) und der Psychology Experiment Building Language (PEBL).
Kognitive Defizite jeglicher Art hatten in keiner der Gruppen einen messbaren Einfluss auf die körperliche Domäne des SF-36 (je p > 0,025).
Probleme beim unmittelbaren und verzögerten Erinnern standen in signifikanter Relation zu einer geringeren geistigen SF-36-Lebensqualität im Gesamtkollektiv (β = 0,147; p = 0,006 bzw. β = 0,170; p = 0,002) und bei den akut depressiven Patienten (β = 0,281; p = 0,012 bzw. β = 0,34; p = 0,002). Dies verhielt sich auch bei den gesunden Kontrollen ähnlich. Keine signifikanten Einflüsse auf die mentale SF-36-Komponente hatten dagegen Exekutivfunktionen, Aufmerksamkeit, verbale Fluenz und räumliche Wahrnehmung.
Bei den Patienten mit remittierter Depression war keine kognitive Domäne signifikant mit der körperlichen oder geistigen Lebensqualität assoziiert (je p > 0,025). JL
Kommentar
Bei der Major Depression (MDD) ist die subjektive Lebensqualität in ähnlichem Maße beeinträchtigt wie bei Bluthochdruck oder Diabetes. Dieser Studie zufolge sollte bei akut depressiven Patienten unter den kognitiven Funktionen besonders das (alltagsrelevante) Gedächtnis in den therapeutischen Fokus gerückt werden, um ihre Lebensqualität zu erhöhen. Bisher verbessern allerdings nur sehr wenige Antidepressiva die Kognition. Dem in Deutschland nach gescheiterten Preisverhandlungen vom Markt genommenen Vortioxetin hatte die US-amerikanische FDA vor Jahren die Verbesserung kognitiver Defizite bei depressiven Patienten attestiert.


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle: Knight MJ et al.: The association of cognitive deficits with mental and physical quality of life in major depressive disorder. Comprehensive Psychiatry 2020; 97: 152147 [Epub: 19. Dez. 2019; doi: 10.1016/j.comppsych.2019.152147]

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