Endocannabinoidsystem bei Migräne

Neuro-Depesche 10/2020

Gene: Transkriptionsänderungen korrelieren mit der Klinik

Präklinische Befunde und klinische Hinweise deuten auf eine Dysregulation des Endocannabinoidsystems bei der Migräne hin, insbesondere bei Patienten mit chronischer Migräne. Jetzt wurden in einer Pilotstudie zur Genexpression verschiedene Transkriptionsänderungen festgestellt, die sich relevant auswirken könnten. Tatsächlich korrelierten einige mit klinischen Merkmalen der Migräne.
Die Genexpression verschiedener Endocannabinoidsystem(ES)- Komponenten wurde in mononukleären Zellen des peripheren Blutes (PBMC) bestimmt.
Sowohl die 25 Patienten mit episodischer Migräne (EM) als auch die 26 mit chronischer Migräne plus übermäßigem Analgetikakonsum (Medication overuse, CM-MO) wiesen gegenüber den 24 altersentsprechenden gesunden Kontrollen eine stärkere Expression der Proteine für den Cannabinoid(CB)-Rezeptor 1 und 2 sowie höhere Konzentrationen der entsprechenden mRNA auf. Dabei fielen die mRNA-Spiegel für den CB2-Rezeptor in der CMMO- Gruppe signifikant höher aus als in der EM-Gruppe.
Außerdem war die Genexpression der Fettsäureamidhydrolase (FAAH) in beiden Patientengruppen signifikant niedriger – und bei den CM-MO-Patienten geringer als bei jenen mit EM. Dieses Muster traf mit einer jeweils höheren Genexpression auch auf N-Arachidonoyl-phosphatidylethanolamin-phospholipase D (NAPE-PLD) und die Mono- bzw. Diacylglycerol-Lipase (MAGL, DAGL) zu. Substrate dieser Enzyme sind u. a. die zum ES zählenden endogenen Lipide AEA und 2-AG. Die DNA-Methylierungsanalysen zeigten dagegen keine signifikanten Unterschiede zwischen Patienten und Kontrollen.
Die mRNA-Spiegel der für NAPE, FAAH, MAGL, DAGL, CB1 und CB2 kodierenden Gene korrelierten weder mit dem Geschlecht der Migränepatienten noch der Art der Akutmedikation oder Prophylaxe. Es fanden sich aber signifikante Korrelationen mit den monatlichen Kopfschmerz- bzw. Migräne-Tagen und mit einer Akutmedikationseinnahme sowie mit deren Dosis, die teilweise auch nach der linearen Regressionsanalyse signifikant geblieben waren. HL
Fazit
Mit der rasanten Zunahme an Forschungserkenntnissen wird immer klarer, dass das endogene Endocannabinoidsystem bei zahlreichen Erkrankungen eine Rolle spielt. Bei Migräne-Patienten deuten die vorliegenden Befunde auf relevante, mit Kopfschmerz- Tagen und Einnahme der Akutmedikation korrelierende Transkriptionsänderungen diverser Komponenten hin. Erleichtert werden die Untersuchungen dadurch, dass die Genexpression leicht zugänglich im peripheren Blut untersucht werden kann.
Quelle: Greco R et al.: Peripheral changes of endocannabinoid system components in episodic and chronic migraine patients: A pilot study. Cephalalgia 2020 [Epub 23. Sept.; doi: 10.1177/0333102420949201]

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