Gibt es eine Verbindung?

Neuro-Depesche 5/2015

Gehäuft RLS beim Post-Polio-Syndrom

Zertifizierte Fortbildung

Diverse Studien deuten auf einen Zusammenhang zwischen einer Poliomyelitis bzw. einem Post-Polio-Syndrom (PPS) und einem RLS hin. Italienische Wissenschaftler griffen die Fragestellung anhand einer Fallkontrollstudie auf. Die RLS-Prävalenz unter PPS-Patienten ist nicht nur massiv erhöht, auch Fatigue und Lebensqualität fallen bei den Betroffenen deutlich schlechter aus.

66 PPS-Patienten und 80 alters- und geschlechtsgematchte gesunde Kontrollpersonen wurden mit der Stanford Sleepiness Scale und der Fatigue Severity Scale (FSS) auf das Vorliegen einer relevanten Tagesmüdigkeit und einer Fatigue untersucht. Anhand der klassischen vier Kriterien der International Restless Legs Skala wurde dann das Vorhandensein eines RLS ermittelt. Schließlich wurden Zusammenhänge mit der Lebensqualität der Patienten mit dem Short Form Health Survey (SF-36) ermittelt.
Unter den 66 PPS-Patienten fand sich mit 63,6% vs. 7,5% eine deutlich höhere RLS-Prävalenz als unter den Kontrollen (p < 0,0005; Odds Ratio: 21,5; 95%-Konfidenzintervall: 8,17–57). Bei den Patienten mit PPS und RLS war eine Fatigue, auch ein PPS-Kardinalsymptom, deutlich schwerer ausgeprägt als bei den PPS-Patienten ohne RLS (p = 0,03), und die Lebensqualität nach den SF-36-Scores war deutlich reduziert. Dies betraf mit Signifikanz die Domänen körperliche Funktion (p = 0,001), körperliche Rollenfunktion (p = 0,0001) und körperliche Schmerzen (p = 0,03).
Zudem ergab die weitere Auswertung, dass die RLS-Schwere (nach IRLSSG) bei den Patienten mit PPS und RLS signifikant mit der Fatigue (p < 0,0001) und den meisten reduzierten SF- 36-Scores korrelierte. Allerdings fand sich keine Verbindung zwischen der RLS-Schwere und der Muskelschwäche der von der Poliomyelitis geschädigten Extremitäten. JL
KOMMENTAR

Die Befunde sprechen für einen engen Zusammenhang zwischen PPS und RLS, der nach Spekulationen der Autoren auf ähnlichen neuroanatomischen Veränderungen und entzündlichen Mechanismen beruhen könnte. So soll die Poliomyelitis zu einer abweichenden sensomotorischen Integration auf Ebene der spinalen Interneurone führen. Bei beiden Krankheitsbildern scheinen zudem vermehrt proinflammatorische Zytokine wie IL-1, IL-6 und TNF-α freigesetzt zu werden. Die oft extrem ausgeprägte Fatigue beim PPS zeigt außerdem zirkadiane Fluktuationen, und auch die PPS-Symptome sprechen (teilweise) auf Dopaminergika an. Das PPS könnte andererseits auch Ursache für ein sekundäres RLS sein, das bei diesen Patienten oft nicht erkannt wird.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Romigi A et al.: Restless legs syndrome and post polio syndrome: a case-control study. Eur J Neurol 2015; 22(3): 472-8

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