Kinder mit ADHS

Neuro-Depesche 3/2015

Gehäuft Persönlichkeitsstörungen bei den Eltern

Psychische Störungen der Eltern können sich auf die psychiatrischen Krankheiten der Kinder auswirken, nicht nur vor einem genetischen Hintergrund, sondern auch auf der Verhaltensebene im Alltag. Nun wurde das Persönlichkeitsprofil der Eltern von Kindern mit einer ADHS von Psychiatern der iranischen Tabriz-Universität untersucht. Sie fanden eine deutlich erhöhte Prävalenz, besonders bei den Müttern.

Eingeschlossen in die deskriptive Studie wurden 170 Elternteile von (überwiegend männlichen) Kindern zwischen sechs und 12 Jahren, die nach dem diagnostischen Interview (K-SADSPL) unter einer nach DSM-IV-TR-Kriterien diagnostizierten ADHS litten und an das universitäre Zentrum überwiesen worden waren. Die 97 Mütter und 73 Väter waren 22 bis 53, durchschnittlich 35 Jahre alt. Ihre Persönlichkeitsprofile (Achse II) und psychiatrischen Symptome (Achse I) wurden mithilfe des Millon Clinical Multiaxial Inventory-III (MCMI-III) mit 24 Einzelskalen charakterisiert. Angesicht einer Prävalenz von 10,6% in der Bevölkerung wiesen die Elternteile mit einer Rate von 55,9% (n = 95) fünfmal häufiger eine Persönlichkeitsstörung nach MCMI-III auf. Mütter waren häufiger betroffen als die Väter (63,9% vs. 45,2%) und litten auch unter einer schwereren Ausprägung. Frei von einer Persönlichkeitsstörung waren nur 40 Männer (57,8%) und 35 Frauen (36,1%), lediglich eine wiesen 18 Männer (24,7%) und 27 Frauen (27,8%) auf, zwei oder mehr Persönlichkeitsstörungen 15 Männer (20,5%) und 35 Frauen (36,1%). Die häufigsten Störungen ließen sich nach der Clinical Personality Scale des MCMI-III der Gruppen der depressiven (n = 43; 25,3%), histrionischen (n = 34; 20%), und zwanghaften (n = 29; 17,1%) Persönlichkeit zuordnen. Am seltensten waren sadistische (1,2%) sowie antisoziale und narzisstische Persönlichkeiten (je 2,4%). Nur eine antisoziale Persönlichkeit war bei den Vätern deutlich häufiger als bei den Müttern. Nach der Severe Personality Pathology Scale bestanden bei 5,3% eine schizotype, bei 3,5% eine Borderline und bei 2,9% eine paranoide Störung. Darüber hinaus ergab die Clinical Symptoms Scale zu psychischen Störungen die höchsten Prävalenzen für Dysthymie (8,8%), Angst, Manie und PTBS (je 4,7%) sowie die niedrigsten für Alkohol- und Drogenabhängigkeit (0,6% bzw. 1,2%). Der Severe Clinical Syndrome Scale zufolge bestand bei 4,1% der Eltern eine Major Depression, bei 2,4% eine Denkstörung und bei 1,8% eine wahnhafte Störung. Eine Zuordnung der Persönlichkeitsstörungen zu einzelnen Krankheitsvariablen der Kinder wurde nicht unternommen, u. a. aber war die Prävalenz von Persönlichkeitsstörungen der Eltern in den Gruppen der Kinder mit und ohne eine psychiatrische Komorbidität recht ähnlich (51,1% vs. 61,3%). JL

KOMMENTAR

Da die Therapie der ADHS multimodal erfolgen und das soziale Umfeld der Kinder einschließen sollte, sind psychische Störungen der Eltern von großem Interesse. Die gehäufte Rate an Persönlichkeitsstörungen in dieser Kohorte, besonders der Mütter, sollte bei familiären Interventionen berücksichtigt werden.

Quelle:

Dadashzadeh H et al.: Personality profile of parents of children with attention deficit hyperactivity disorder. ScientificWorldJournal 2014; 212614 [Epub ahead of print 26. Nov. 2014; doi: 10.1155/2014/212614

ICD-Codes: F90.

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