Demnach verschafft sich eine "konkurrierende" Absicht z. B. durch einen Versprecher "Gehör". Da diese jedoch eigentlich unterdrückt werden soll, ist sie auf einen "parasitären" Ausdruck angewiesen. Die vorliegende Studie verglich die Häufigkeit von latenten und offenen Versprechern bei an Bulimie erkrankten und gesunden Untersuchungsteilnehmern. Die Latenzzeiten bis zur korrekten Aussprache wurden beachtet. In die Liste der Versuchswörter reihten sich Wörter wie Wespentaille, Körpergewicht, Selbstwert, Erbrechen und Schokolade mit ein. Die Zielwörter wurden vier Bereichen zugeordnet: Essverhalten, Nahrungsmittel sowie Schönheitsideal und Selbstwahrnehmung, deren Bedeutungen für die Essstörung relevant ist. Die Studie zeigte, dass Patientinnen mit Bulimie sich bei konfliktträchtigen Wörtern häufiger versprachen als gesunde Frauen. Die Latenz bis zu korrekter Artikulation war im Vergleich zu den gesunden Probandinnen verlängert. Die Unterschiede zeigten sich nur bei - auf die Störung der Bulimie bezogen - "kritischen" Wörtern. Der Schluss auf unbewusste Konflikte als Krankheitsursache der Bulimie lag nahe.
Bulimie psychoanalytisch betrachtet
Neuro-Depesche 6/2001
"Freudsche Versprecher" bei Konfliktthemen
Freud fasste unter Fehlleistungen alle alltäglichen "Unzulänglichkeiten" zusammen wie Verlesen, Versprechen, Verhören, Vergreifen, Verlegen, Verlieren und Vergessen. Als Grundlage dafür sah er einen Konflikt zwischen zwei Absichten an.
Quelle: Ufer, N: Induzierte "Freudsche Versprecher" und Bulimie, Zeitschrift: ZEITSCHRIFT FUR KLINISCHE PSYCHOLOGIE, PSYCHOPATHOLOGIE UND PSYCHOTHERAPIE, Ausgabe 29 (2000), Seiten: 180-186