Norwegische Multizenter-Studie

Neuro-Depesche 12/2015

Fatigue nimmt nach Schlaganfall zu

Zertifizierte Fortbildung

Prospektiv wurde in Norwegen die Prävalenz einer Fatigue vor und drei Monate nach einem Schlaganfall bestimmt. Im Vergleich mit der Bevölkerung ist dieses belastende, die Alltagsfertigkeiten und die Lebensqualität beeinträchtigende und die Mortalität erhöhende Symptom überaus häufig.

An elf norwegischen Kliniken wurden 257 Patienten mit einem längstens zwei Wochen zurückliegenden Schlaganfall rekrutiert und mit 257 alters- und geschlechtsgematchten Teilnehmern der HUNT3-Befragung verglichen. Eine Fatigue wurde anhand einer HUNT3- Einzelfrage (1–7, Fatigue: ≥ 5 Punkte) erfasst. Auf Einflüsse auf die Fatigue wurden Parameter einer frühen Mobilität (am Tage im Bett liegend oder außerhalb des Bettes sitzend oder stehend/gehend verbrachte Zeit) geprüft.
Schon vor dem Schlaganfall wiesen die Patienten mit 27% vs. 11% deutlich häufiger eine Fatigue auf als die Bevölkerungsstichprobe, nach drei Monaten waren es (nach der HUNT3-Frage) 31,1% vs. 10,9% (p < 0,001), die Wahrscheinlichkeit (Odds Ratio, OR) betrug das 3,7-Fache. Nach der Fatigue Severity Scale mit 7 Items (FSS-7: Fatigue: ≥ 4 Punkte) lag die Prävalenz bei 34,6%.
In einem einfachen Regressionsmodell – adjustiert auf Schlaganfallschwere (nach NIHSS) und prämorbides Funktionsniveau (nach mRS) – ergaben sich keine signifikanten Bezüge zwischen Fatigue und den Parametern einer frühen Mobilität. In einem umfassenderen Modell hingegen – also unter zusätzlicher Berücksichtigung von Depressivität (nach der Hospital Anxiety and Depression Scale, HADS), neuen Schmerzen (Ja/Nein), vorbestehender Fatigue, Alter und Geschlecht – fand sich eine jeweils signifikante Assoziation der Fatigue mit Depressivität, Schmerzen und vorbestehender Fatigue. In der Tat war Letztere eine der stärksten unabhängigen Prädiktoren (OR: 3,7; 95%-KI: 1,6–8,3, p = 0,002). Eine vorbestehende Fatigue (n = 53) fand sich bei mehr als der Hälfte (n = 30; 57%) auch nach drei Monaten, allerding erfuhr knapp ein Drittel (32%) der 146 Patienten nach dem Schlaganfall erstmals eine neue Fatigue.
Die Relation zwischen Fatigue und den Bettzeiten am Tage während des Klinikaufenthalts war unter den Mobilitätsmarkern noch am deutlichsten, verfehlte allerdings die statistische Signifikanz (p = 0,058). Die Fatigue-Wahrscheinlichkeit erhöhte sich pro zusätzliche 1% (=5,4 Minuten) im Bett um 2% (Odds Ratio: 1,02; 95%-KI: 1,00–1,04). JL
Kommentar

Warum eine Fatigue vor dem Schlaganfall doppelt und danach dreimal so hoch ist wie in der Bevölkerung, ist und bleibt vorerst unbekannt. Zumindest teilweise könnte dies indirekt auf der deutlich höheren Komorbidität der Patienten beruhen, so die Autoren. Aus der eher schwachen Korrelation mit dem Mobilitätsmarker Bettzeit am Tage ergeben sich weder ursächliche Hinweise noch therapeutische Implikationen.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Egerton T et al.: Prevalence of fatigue in patients 3 months after stroke and association with early motor activity: a prospective study comparing stroke patients with a matched general population cohort. BMC Neurol 2015; 15(1):181 [Epub 6. Okt.; doi: 10.1186/s12883-015-0438-6]

ICD-Codes: G93.3 , I69.4

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