Bulimie bei Adoleszenten

Neuro-Depesche 1/2008

Familien-VT oder besser Einzeltherapie?

Die verschiedenen bei Bulimia nervosa wirksamen Therapieoptionen wurden vor allem bei erwachsenen Patienten geprüft. Evidenz-basierte Behandlungen bei Adoleszenten fehlen weitgehend. Ist eine VT-orientierte Familientherapie oder eine psychotherapeutische Einzeltherapie aussichtsreicher?

In eine randomisierte, kontrollierte ­Studie in Chicago wurden 80 überwiegend weibliche Adoleszente (12 bis 19 Jahre) mit Bulimia-nervosa-Diagnose (54%) oder einer klar definierten bulimischen Symptomatik („partielle Bulimie“) einbezogen, die in den letzten sechs Monaten mindestens eine wöchentliche Attacke mit Essattacken und abführenden Maßnahmen bzw. induziertem Erbrechen („Binge-and-Purge“) durchlitten hatten. Der durchschnittliche Body Mass Index betrug 22,1, die mittlere Erkrankungsdauer lag bei 21,2 Monaten. Etwa die Hälfte der Teilnehmer zeigte gleichzeitig depressive Symptome, während Angststörungen und Drogenmissbrauch eher selten waren.

41 Teilnehmer erhielten nach Randomisierung eine manual-basierte Familien-Verhaltenstherapie, insbesondere zur Verbesserung der Kooperativität unter den Beteiligten. 39 Patienten wurden mit einer individuellen supportiven Psychotherapie behandelt, die der Eingrenzung der Problematik und möglicher Krankheitsursachen zum Ziel hatte und keinerlei VT- oder CBT-Elemente umfasste. Es erfolgten über sechs Monate jeweils 20 Sitzungen auf ambulanter Basis. Die Ergebnisse der beiden Gruppen wurden nach Therapieende und sechs Monate später miteinander verglichen.

Die Remissionsraten im Primärkrite­rium, dem Ausbleiben bulimischer Attacken, waren unter dem familientherapeutischen VT-Ansatz bei Therapieende (39% vs. 18%) signifikant höher als bei supportiven Einzelsitzungen. Trotz einiger Einbrüche bei Patienten beider Gruppen war dies auch nach sechs Monaten noch der Fall (29% vs. 10%). Die Raten unterschieden sich zwischen voll ausgeprägten und partiellen Bulimien nicht.

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Fazit
Die positiven Effekte der Familien-Verhaltenstherapie gegenüber einer rein supportiven Einzelpsychotherapie scheinen eindeutig, auch wenn angesichts der Remissionsraten von 30 bis 40% noch erheblicher Bedarf für Verbesserungen besteht. Allerdings lässt diese randomisierte, kontrollierte Studie leider die Frage offen, ob der Erfolg eher der Einbeziehung der Familienmitglieder oder eher den verhaltenstherapeutischen Elementen zuzuschreiben ist. Hier sind weitere Studien notwendig, in den beispielsweise eine Familien-VT mit einer klassischen CBT verglichen wird.

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