Bildgebungsstudie

Neuro-Depesche 11-12/2018

Führen schon TIA’s zu Hirnatrophie und kognitivem Abbau?

Zertifizierte Fortbildung

Nicht nur Schlaganfälle, auch Transiente ischämische Attacken (TIA) initiieren eine ischämische Kaskade, die zu neurodegenerativen Veränderungen führen kann. Jetzt prüfte ein internationales Neurologen-Team in einer prospektiven, nicht-interventionellen Bildgebungsstudie, ob bzw. inwieweit bereits diese vorübergehenden Perfusionsstörungen zu Hirnatrophie und kognitiven Verschlechterungen führen können.

82 Patienten mit erstem akuten TIA-Verdacht unterzogen sich zur Untersuchung der regionalen Ischämie einem CT. Die 50 mit einem akuten Perfusionsdefizit (“CTP-Läsion”) waren 37–94, durchschnittlich 65 Jahre alt und zu 36% Frauen. Der vordere Kreislauf war bei 31, der hintere bei 19 Patienten betroffen. Die mediane Zeit von Symptombeginn bis Klinikaufnahme betrug 147 min., der durchschnittliche ABCD2-Score lag bei 5.
Nach 24 h und nach 90 Tagen wurden morphometrische MRT-Aufnahmen (u. a. mit der hochauflösenden T1-Sequenz MP-RAGE) angefertigt und miteinander verglichen. Veränderungen der Kognition wurden mit dem Montreal Cognitive Assessment (MoCA) erfasst. Außerdem wurden die Fatigue Severity Scale und die Depression, Anxiety and Stress Scale. eingesetzt.
Die 50 TIA-CTP-Patienten zeigten über die 3 Monate eine signifikante Verringerung der globalen kortikalen grauen Substanz (p = 0,005) sowie eine Volumenabnahme der Okzipitallappen (p = 0,008) – insgesamt um ca. 7%(!). Die Atrophie war von Alter, initialen Läsionsvolumina und anderem Faktoren unabhängig.
Bei den 31 Teilnehmern mit einer CTP-Lä-sion im vorderen Kreislauf fanden sich außerdem signifikante Volumenreduktionen in der Pons (p < 0,001), im ipsiläsionalen Parietallappen (p < 0,001), im Okziptallappen (p = 0,002), Frontallappen (p < 0,001) und im Temporallappen (p = 0,003) sowie im Thalamus (p = 0,016). Bei einer CTP-Läsion im hinteren Kreislauf war dagegen nur der ipsiläsionale Okzipitallappen signifikant verkleinert (p = 0,037).
Im Gesamtkollektiv verschlechterte sich die Kognition nicht, doch jene Patienten mit einem anterioren Perfusionsschaden im CT entwickelten zwischen Baseline und Tag 90 eine signifikante Verschlechterung der MoCA-Werte (um durchschnittlich 11%; 3,5 von 30 Punkten; p = 0,027). Diese korrelierte zudem signifikant und linear mit dem Ausmaß der Thalamus-Atrophie (R2: 0,28; p = 0,009). JL
Kommentar

Nach diesen Befunden können bereits TIA’s in relevantem Ausmaß zu einer verzögerten (globalen und fokalen) Hirnatrophie und proportionalen kognitiven Verschlechterungen führen. Patienten mit einer Ischämie im vorderen Kreislauf waren stärker betroffen. Die Mechanismen, die für den rapiden Volumenverlust (in nur 90 Tagen) verantwortlich sind und damit einen Therapieansatz bieten könnten, sind weitgehend unklar.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Bivard A et al.: Transient ischemic attack results in delayed brain atrophy and cognitive decline. Stroke 2018; 49(2): 384-90

ICD-Codes: I64

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