Methylphenidat plus Psychotherapie bei Erwachsenen mit ADHS

Neuro-Depesche 4/2021

Erfolge der multimodalen Therapie

Die COMPAS-Studie bestätigt die Effekte einer multimodalen Therapie der ADHS mit Methylphenidat (MPH) plus Psychotherapie bei Erwachsenen. Auf einem virtuellen Symposium von Medice anlässlich des DGPPN-Kongresses 2020 standen die Wirksamkeit einer psychotherapeutischen Intervention aus Sicht der Patienten sowie eventuelle Nebenwirkungen von MPH im Fokus.
MPH ist auch bei erwachsenen ADHS-Patienten das Mittel der Wahl, sagte PD Bernhard Kis, Hattingen. Dies zeigen die Ergebnisse der Comparision of Methylphenidate & Psychotherapy in Adult ADHD Study (COMPAS), in der 433 ADHS-Patienten (18 - 58 Jahre) im 2 x 2-Faktorialdesign ein Jahr lang MPH (Initialdosis: 10 mg/d, maximal 60 mg/d) oder Placebo erhalten hatten. Zusätzlich unterzogen sie sich einer gruppenbasierten Psychotherapie (GPT; 12 Wochen lang 1 x wöchentl., dann 1 x monatl.) oder einem „klinischen Management“ (CM) mit Einzelgesprächen (Zeitschema wie bei der GPT).
In allen vier Studienarmen wurde ein deutlicher Symptomrückgang beobachtet, jedoch waren die Therapieffekte in den beiden MPH-Gruppen (nach ADHD-Index der Conners Adult ADHD Rating Scale [CAARS]). Zusätzliche GPT und CM unterschieden sich voneinander nicht. In den beiden MPH-Armen ergab sich eine höhere Rate an unerwünschten Ereignissen (UE) als in den beiden Placebo-Gruppen (96 % vs. 88 %). Am häufigsten klagten die Patienten über verminderten Appetit (22 % vs. 3,8 %), gefolgt von Mundtrockenheit (15 % vs. 4,8 %) und Herzklopfen (13 % vs. 3,3 %). Dagegen traten Synkopen in den Placebo-Gruppen häufiger auf (2,4 % vs. 0 %). Unter MPH stiegen der systolische und diastolische Blutdruck im Mittel um 1,1 bzw. 1,3 mmHg. Die Herzfrequenz erhöhte sich um 3,3 Schläge pro Minute. Kis betonte, dass die meisten UE eher mild und vorübergehend waren. Sie ließen sich mit Tipps zur Veränderung des Verhaltens, Dosisreduktionen oder zeitweisem Absetzen von MPH gut beherrschen.
Der objektiven Bewertung der COMPAS-Studie (nach CAARS) zufolge schnitt die ADHS-spezifische GPT in der Reduktion der ADHS-Symptomatik nicht besser ab als das unspezifische CM, betonte Dr. rer nat. Mona Abdel-Hamid, Göttingen. Bei der retrospektiven subjektiven Beurteilung (nach Clinical Global Assessment – Efficacy [CGA-E], CAARS Selbst- und Fremdbeurteilung, Clinical Global Impression of Improvement [CGI-I]) wurde die GPT von Patienten unter MPH-Therapie aber zu 80 % als wirksam eingeschätzt, von den Patienten der Placebo-Gruppe zu 64 %. Die entsprechenden Werte für die CM lauten 59 % bzw. 34 %. Abdel-Hamid: „Die psychotherapeutischen Interventionen sind potenziell nützlich, ihre Wirksamkeit könnte jedoch durch die hohe Effektivität von MPH verdeckt worden sein. Dies gilt selbst dann, wenn eher die subjektive Lebensqualität durch die PT verbessert wird als die ADHS- Symptomatik an sich.“ Wie die Expertin ausführte, eignet sich die Psychotherapie u. a. für ADHS-Patienten mit milder Symptomatik, Teilremission und medikamentöser Non-Response sowie für jene, die keine Medikamente einnehmen wollen. GS
Quelle: Symposium (virtuell): „Adulte ADHS: Sie fragen – wir antworten. Wie sicher ist Methylphenidat? Wovon profitieren Patienten? Die COMPAS-Studie als Wegweiser“, DGPPN-Kongress, 27. Nov. 2020. 
ICD-Codes: F90.0

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