„Electronic Dance Music“

Neuro-Depesche 7-8/2019

Epileptische Anfälle durch Stroboskop

Zahlreiche Musikkonzerte, insbesondere solche des Genres „Electronic Dance Music“ nutzen zur Unterhaltung Lichteffekte einschl. der Stroboskopie. In einer Kohortenstudie untersuchte jetzt ein niederländisches Team, ob bzw. in welchem Umfang bei Menschen mit photosensitiven Epilepsien dadurch epileptische Anfälle ausgelöst werden.
Unter 400.343 Besuchern von 28 in den Niederlanden durchgeführten EDM-Konzerten waren 241.543 (entsprechend 2.222.196 Personenstunden) bei Dunkelheit stroboskopischen Lichteffekten ausgesetzt. Die übrigen 158.800 Konzertbesucher (2.334.360 Personenstunden), die an Veranstaltungen am Tage teilgenommen hatten, dienten als Kontrollgruppe.
Es traten insgesamt 39 epileptische Anfälle auf: 30 in der exponierten und neun in der Kontrollgruppe. Das Verhältnis der Inzidenzdichte (für 10.000 Personen bei standardisierten 9 h Exposition) epileptischer Anfälle gegenüber den nicht-exponierten Personen betrug mit 1,20 vs. 0,35 das Dreieinhalbfache (3,5; 95 %-KI: 1,7 - 7,8) und war damit signifikant erhöht (p < 0,0005). Dabei trat weniger als ein Drittel der Fälle unter dem Einfluss von (anfallsförderndem) Ecstasy oder ähnlichen Stimulanzien auf: acht von 30 (27 %) in der exponierten bzw. drei von neun (33 %) in der nichtexponierten Gruppe.
Die Autoren berichten außerdem von einem jungen Mann, der während eines nächtlichen EDM-Konzerts in Amsterdam eine Aura entwickelte und einen tonisch-klonischen Anfall erlitt. Im späteren Provokationstest kam es bei Ansehen des Videomaterials desselben Konzerts erneut zu einem Krampfanfall. JL
Kommentar
Patienten mit photosensitiven Epilepsien sollten vor dem Besuch von Konzerten im Dunkeln mit stroboskopischen Lichteffekten gewarnt werden: In der aktuellen Kohortenstudie wurde das Risiko für epileptische Anfälle mehr als verdreifacht. Die Veranstalter sollten, so die Autoren, das Publikum vor dem Konzertbeginn vor dem erhöhten Anfallsrisiko warnen. Da derartige Festivals oft mehrere Tage dauern, könnte auch ein zunehmendes Schlafdefizit zur der erhöhten Anfallsrate beitragen.
Quelle: Salet N et al.: Stroboscopic light effects during electronic dance music festivals and photosensitive epilepsy: a cohort study and case report. BMJ Open 2019; 9(6): e023442 [Epub 11. Juni; doi: 10.1136/bmjopen-2018-023442]

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x