Wegweiser für Entscheidungen

Patienten mit Schizophrenie versus depressive Patienten

Neuro-Depesche 11-12/2021

Entscheidungen stärker beeinträchtigt?

Zertifizierte Fortbildung
Verschiedene Studien zeigten bei Patienten mit einer Schizophrenie oder Depression Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung. Dieses Phänomen wurde nun gezielt in Österreich mit einem Entscheidungstask untersucht, der kognitive Flexibilität erfordert.
Bei je 28 im Durchschnitt ca. 42 Jahre alten Patienten mit ICD-10-Diagnose einer Schizophrenie bzw. Depression und 30 Kontrollen ohne psychiatrische Erkrankung (verbaler IQ im MWT-B ≥ 85) fand eine strukturierte klinische Bewertung unter Einschluss der Positive and Negative Syndrome Scale (PANSS) und der Hamilton Rating Scale (HAMD-21) statt. Alle absolvierten eine neuropsychologische Testbatterie und den computerbasierten Test Probability-Associated Gambling (PAG), bei dem Entscheidungen unter dem Risiko eines Geldverlustes getroffen werden müssen. Die Resultate wurden mit kognitiver Funktion und Schwere der Erkrankung abgeglichen.
 
Klare Gruppenunterschiede
Der Gesamtscore des PANSS betrug bei den schizophrenen Patienten durchschnittlich 37,79 Punkte, der HAMD-21-Score der Depressiven 18,11 Punkte. Beide Patientengruppen erzielten in der Gedächtnisleistung und den exekutiven Funktionen signifikant niedrigere Scores als die Gesunden (je p < 0,05), wobei die Patienten mit Schizophrenie nur in zwei Domänen (unmittelbares Erinnern im CLVT und Wortproduktion im RWT) deutlich schlechter abschnitten als die mit einer Depression.
Mindestens einen Auslassungsfehler in der PAG-Aufgabe begingen 15 Patienten mit Schizophrenie (53,57 %) und zehn mit Depression (35,71 %), aber nur drei (10 %) der Kontrollen (p < 0,001). Im PAG trafen depressive Patienten im Vergleich zu den Gesunden deutlich langsamere Entscheidungen, zeigten jedoch eine vergleichbare Anzahl vorteilhafter Entscheidungen zum Geldverlustrisiko und eine relativ erhaltene Flexibilität der Entscheidungsstrategie von Aufgabe zu Aufgabe. Bei ihnen fand sich – wider Erwarten – kein Zusammenhang mit der Depressionsschwere nach HAMD-21.
Schizophrenie-Patienten waren gegenüber den Gesunden bei der Entscheidungsfindung ebenfalls langsamer, trafen aber riskantere Entscheidungen und verhielten sich auch insgesamt weniger flexibel. Bei ihnen korrelierte das beeinträchtige Entscheidungsverhalten signifikant mit den negativen Symptomen (p < 0,01) und der Gesamtsymptomschwere (p < 0,05) nach PANSS.
In beiden Gruppen dagegen standen die Ergebnisse im PAG im Zusammenhang mit den Defiziten in Gedächtnis und den exekutiven Funktionen. JL
Fazit
In den Entscheidungsfindungsaufgaben schnitten vor allem die Schizophrenie-Patienten mit stärkeren Negativsymptomen, einer schwereren Gesamtpsychopathologie und stärkeren kognitiven Beeinträchtigungen schlecht ab.


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle: Benke T et al.: Decision making under risk in patients suffering from schizophrenia or depression. Brain Sci 2021; 11(9): 1178 [Epub Sep 7 Sep 7; doi: 10.3390/brainsci11091178]
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