Pädiatrische Multiple Sklerose

Neuro-Depesche 4/2018

Eine Übersicht zum Stand der Dinge

Zertifizierte Fortbildung

Die Prävalenz- und Inzidenzraten der MS im Kindesalter (Pediatric-onset MS, POMS) steigen weltweit – und spezifische immunmodulatorische Behandlungen fehlen noch. In einer systematischen Übersicht der Literatur fassten zwei Experten jetzt den aktuellen Wissensstand zur pädiatrischen MS zusammen.

Der Literatur zufolge scheint sich die pädiatrische MS häufiger mit Läsionen des Hirnstamms und des Kleinhirns als Erstmanifestation zu präsentieren. Außerdem scheint ihr Verlauf anfänglich einen stärker entzündlichen Charakter zu haben als die im Erwachsenenalter beginnende MS.
Durch die im jungen Alter besseren Reparaturmechanismen weisen Patienten zwar ein längeres Zeitintervall bis zum Erreichen des EDSS-Wertes von 6,0 auf. Wegen des früheren Erkrankungsbeginns wird dieser EDSS-Milestone lebensgeschichtlich aber deutlich früher erreicht. Unter beiden Aspekten ist es essenziell, den entzündlich bedingten axonalen Schaden durch eine früh einsetzende immunmodulatorische Therapie zu begrenzen.
Obwohl in dieser Patientenpopulation bis jetzt keine abgeschlossenen randomisierten kontrollierten Studien mit Wirksamkeitsnachweis vorliegen, deuten offene Multizenter-Studien darauf hin, dass die Wirksamkeit und Sicherheit der Basistherapeutika Interferon-beta (IFNß) und Glatirameracetat (GA) sowie der Eskalationstherapie Natalizumab denjenigen in Erwachsenenstudien gleichen.
Während die Erfahrungen mit GA begrenzt sind, waren 22 μg bzw. 44 μg IFNß-1a (s.c.) einer großen retrospektiven Studien (REPLAY) zufolge gut verträglich und auch wirksam. So sank die jährliche Schubrate bei den 307 Kindern und Jugendlichen von 1,79 auf 0,47.
Als Second-line-Behandlung der pädiatrischen MS verweisen die Autoren – mit aller gebotenen Vorsicht – auf Medikamente wie Fingolimod, Mitoxantron, Cyclophosphamid, Rituximab und vor allem Natalizumab. Mehrere Beobachtungsstudien bei Kindern und Jugendlichen weisen unter Natalizumab auf eine rasche Reduktion der klinischen (ARR, EDSS-Progression) und der radiologisch bestimmbaren (Gd+-Läsionen) Krankheitsaktivität hin. Jedoch werden nicht wenige Patienten JCV-positiv, und etliche entwickeln gegen das Medikament neutralisierende Antikörper.
Neue Therapieoptionen werden besonders für Kinder und Jugendliche mit hochaktiven bzw. aggressiven MS-Verläufen benötigt. Derzeit werden u. a. verschiedene kontrollierte klinische Studien bei pädiatrischen MS-Patienten zu oralen MS-Medikamenten durchgeführt, darunter PARADIGMS (Fingolimod), TERIKIDS (Teriflunomid), FOCUS (Dimethylfumarat, DMF) und CONNECT (DMF vs. IFNß-1a). GS


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Alroughani R, Boyko A: Pediatric multiple sclerosis: a review. BMC Neurol 2018; 18(1): 27 [Epub 9. März; doi: 10.1186/s12883-018-1026-3]

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