Screening auf eine Major Depression

Neuro-Depesche 5-6/2017

Eignet sich die Herzraten-Variabilität?

Zertifizierte Fortbildung

Die Herzraten-Variabilität (HRV) ist ein Maß für die Aktivität und Reaktivität des autonomen Nervensystems. Sie hat sich in etlichen Studien als viel versprechender Biomarker depressiver Erkrankungen dargestellt. Nun wurde die HRV in einer aktuellen Studie auf ihre Eignung als Screening-Tool für eine Major Depression geprüft.

Die HRV wird in eine Hochfrequenz (HF)-Komponente (0,15–0,4 Hz) und eine Niedrig („low“)-Frequenz (LF)-Komponente (0,04–0,15 Hz) unterteilt und ins Verhältnis gesetzt (LF/HF). Diese Werte korrespondieren mit der Aktivität des sympathischen und parasympathetischen Nervensystems bzw. mit der sympathovagalen Balance. Bei depressiven Patienten zeigt sich generell eine geringere Reaktivität in der HRV.
Die HRV-Werte wurden nun mittels Power- Spektral-Analyse vor, während und nach einer Konzentrationsaufgabe (Mental task paradigm [MT] mit getakteter Aufzählung zufälliger Zahlen) bei 44 medikamentös nicht-vorbehandelten depressiven Männern und Frauen (43 ± 12 Jahre alt) und 47 gesunden Kontrollen durchgeführt. Aus den Daten wurden anhand der mittels logistischer Regressionsanalyse (LRA) erzeugten logit-Scores versucht, eine MD zu klassifizieren bzw. zu prädizieren.
Beim optimalen Cut-off des logit-Scores von 0,28 wurde mit der HRV-LRA eine gute Diskriminierung von MD-Patienten und den Gesunden erreicht: 35 der 44 Patienten wurden richtig, neun fälschlich als gesund klassifiziert. Umgekehrt wurden 37 der 47 Gesunden richtig, zehn fälschlich als depressiv eingestuft. Zu Fehlzuordnungen kam es nur, wenn der logit- Score dicht am logit-Grenzwert lag. Die korrespondierenden positiven und negativen Vorhersagewerte (PPV bzw. NPV) betrugen 78,0 bzw. 80,4%. Die Sensitivität der Diskriminierung durch die LRA lag bei 80,0% und die Spezifität bei 79,0%.
Ein zusätzlicher Beleg für die klinische Relevanz der HRV-LRA war die signifikante Korrelation der logit-Scores mit der subjektiven Depressivität der Patiente nach den Werten der Zung’s self-rating depression scale (SDS) (p < 0,05). Im Übrigen fiel die LRA-Diskriminierung bei den falsch-positiven und falsch-negativen Zuordnungen vorteilhafter aus als die Einteilung nach der SDS. JL
Kommentar

Der Studienhypothese entsprechend scheint sich die LRA der HRV während eines MT als ein zuverlässiges, objektives Instrument zum Screening auf eine Major Depression im psychiatrischen Behandlungsalltag zu eignen – und war der Depressions-Selbstbeurteilungsskala überlegen. Darüber hinaus könnte sich die Methode zur Schweregradbestimmung bei Depressiven eignen.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Sun G et al.: An objective screening method for major depressive disorder using logistic regression analysis of heart rate variability data obtained in a mental task paradigm. Front Psychiatry 2016; 7: 180 [Epub 4. Nov.; doi: 10.3389/fpsyt.2016.00180]

ICD-Codes: F32.2

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x