Prospektive Studie im Pflegeheim

Neuro-Depesche 4/2019

Dualer Sensor erfasst nächtliche Anfälle

Zertifizierte Fortbildung

In der Nacht auftretende, unbemerkte epileptische Anfälle können folgenreich sein. In einer prospektiven, multizentrischen Kohortenstudie wurde bei Epilepsie-Patienten mit geistiger Behinderung geprüft, ob sich nächtliche Anfälle durch eine sensorbasierte Erfassung von Pulsfrequenz und Bewegung zuverlässig detektieren lassen.

34 in einer Pflegeeinrichtung untergebrachte antiepileptisch behandelte Patienten litten unter > 1 monatlichen größeren Krampfanfall. Diese „Major seizures“ waren definiert als tonisch-klonische An- fälle, generalisierte tonische Anfälle (> 30 Sek), hyperkinetische oder andere Anfälle einschließlich Cluster (> 30 Min) von kurzen myoklonischen/tonischen Anfällen.
Die Teilnehmer trugen nachts (unter ständiger Videokontrolle) für zwei bis drei Monate ein Oberarm-Band (Nightwatch), mit dem mittels Photoplethysmographie die Herzfrequenz und mittels 3D-Akzelerometer die nächtlichen Bewegungen erfasst wurden.
Ausgewertet wurden die Videosequenzen aller (anhand der generierten Alarme oder der Pflegetagebücher) dokumentierten Anfallsereignisse. Diese wurden nach großen Anfällen (Notwendigkeit eines Alarms), kleinen Anfällen (kein Alarm notwendig) oder keinen Anfällen unterschieden. Primäre Endpunkte waren die Sensitivität, der positive prädiktive Wert (PPV), die falsch-negative Alarmrate (FNAR) und die falsch-positive Alarmrate (FPAR) des multimodalen Sensors.
Die Interobserver-Übereinstimmung (schwere vs. keine schweren Anfälle) war gut (k: 0,77; 95 %-KI: 0,65 - 0,89). 28 der 34 Teilnehmer beendeten die Studie. In 1.826 Nächten wurden 2.040 Alarme und 809 größere Anfälle registriert. Die mittlere Sensitivität des Sensors für die Anfallsdetektion pro Teilnehmer betrug 86 % (95 %-KI: 77 % - 93 %) und der PPV-Wert 49 % (95 %-KI: 33 % - 64 %). Die Rate falsch-negativer Krampfanfall-Alarme lag bei nur 0,03 pro Nacht (95 %-KI: 0,01 - 0,05).
In einer Unterauswertung zeigte der multimodale Sensor eine höhere Sensitivität als der herkömmliche piezoelektrische Bewegungs-Bettsensor (Emfit) (86 % vs. 21 %: mittlere Differenz 58 %; p < 0,001). Außerdem ergab der Fragebogen der Pflegekräfte (n = 33) für den Sensor eine gute Akzeptanz bei allen 28 Patienten (7,3 von 10 Punkten). JL
Kommentar

Dass die kombinierte automatische Erfassung von Herzfrequenz und Bewegung eine zuverlässige Erkennung eines breiten Spektrums von nächtlichen Krampfanfällen erlaubte, könnte weitreichende klinische Konsequenzen haben: Die automatisierte objektive Messung der nächtlichen Anfallshäufigkeit könnte zur Optimierung der Antiepileptika-Therapie und zur Verbesserung der Pflegequalität beitragen - und möglicherweise sogar einige Fälle eines plötzlichen Todes (SUDEP) verhindern.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Arends J et al für das Dutch Tele-Epilepsy Consortium: Multimodal nocturnal seizure detection in a residential care setting: A long-term prospective trial. Neurology 2018; 91(21): e2010-e2019 [Epub 24. Okt.; doi: 10.1212/WNL.0000000000006545]

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