Prämorbider Bluthochdruck

Neuro-Depesche 9/2018

Disposition für lakunäre Infarkte?

Inwieweit der prämorbide Blutdruckverlauf über 15 Jahre mit einem späteren lakunären bzw. nicht-lakunären Ereignis (TIA oder Infarkt) verbunden ist, stand im Fokus einer populationsbasierten Studie. Vor allem bei Patienten unter 65 Jahren wirkte sich ein früherer Bluthochdruck erheblich aus.

Ein kürzlicher Anstieg des Blutdrucks ist deutlich stärker mit einer tiefen intrazerebralen Hämorrhagie assoziiert als mit einer lobaren intrazerebralen Hämorrhagie. Nun wurde die Hypothese aufgestellt, dass dies auch für den lakunären und nicht-lakunären Infarkt zutrifft. Dazu wurde der altersspezifische Blutdruckverlauf vor den unterschiedlichen Ereignissen verfolgt. Anhand der Daten der Oxford Vascular Study (OXVASC) wurden die über 15 Jahre aufgezeichneten Blutdruck-Werte von 2134 Infarkt-TIA-Patienten ausgewertet. Bei 2085 (97,7%) war mindestens ein prämorbider Blutdruck-Wert aufgezeichnet worden, so dass 44 496 Werte zur Verfügung standen. 1250 Patienten hatten einen Infarkt, 835 eine TIA, 309 ein lakunäres Ereignis.
Bei den 493 Patienten im Alter < 65 Jahren bestand hinsichtlich einer Hypertonie-Prävalenz zwischen jenen mit lakunären und jenen mit nicht-lakunären Ereignissen kein signifikanter Unterschied (48,4% vs 41,2%; p = 0,20). Eine signifikante Differenz zwischen diesen beiden Gruppen zeigte sich jedoch beim mittleren prämorbiden Blutdruck. Dieser war im 15-Jahresverlauf bei den Patienten mit lakunären Ereignissen im Durchschnitt signifikant höher als bei den Patienten mit nicht-lakunären Ereignissen (systolischer Wert: 138,5 vs 133,3 mmHg, p = 0,004; diastolischer Wert: 84,1 vs 80,9 mmHg, p = 0,001).
Außerdem zeigte sich ein Zusammenhang für höhere Werte kurz vor dem Ereignis: In den 30 Tagen vor dem Ereignis betrug der systolische Blutdruck in den beiden Gruppen 152,7 vs. 135,3 mmHg (p = 0,009), der diastolische Wert 87,9 vs. 80,8 mmHg (p = 0,05). Dies war auch für die mittleren Werte ≤ 1 Jahr vor dem Ereignis der Fall (145,8 vs. 134,7 mmHg; systolisch, p = 0,001 bzw. 86,1 vs. 80,4 mmHg diastolisch; p = 0,0001). Schließlich fielen auch die maximalen Werte fünf Jahre vor dem Ereignis bei den Patienten mit lakunärem Infarkt im Durchschnitt signifikant höher aus (systolisch 173,7 vs. 158,6 mmHg; p = 0,0001 bzw. diastolisch 102,3 vs. 94,2 mmHg; p < 0,0001). Dies traf auch in den fünf Jahren auf einen anhaltenden erhöhten, aber < 160 mmHg betragenden systolischen Blutdruck-Wert zu. All diese signifikanten Unterschiede galten jedoch nicht für die über 65 Jahre alten Patienten.
Dies stärkt die Hypothese, dass der kurz oder mittelkurz vor einem lakunären Ereignis gemessene Blutdruck bei „jüngeren“ Patienten in der Ätiologie eine direkte Rolle spielt. Dies stimmt auch mit früheren Autopsiestudien-Resultaten und mit der Beobachtung überein, dass die Blutdrucksenkung bei diesen jüngeren Patienten einem Rezidiv effektiv vorbeugt. GS
Quelle:

Linxin Li et al.: Time course of blood pressure ... Neurology 2018; 90: e1732-e1741 [Epub 15. Mai; doi:10.1212/WNL.0000000000005526]

ICD-Codes: Q75.8

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