Große Nordlandstudie

Neuro-Depesche 6/2015

Die MS-Inzidenz hat sich verzehnfacht

Mit höherem Breitengrad nimmt die MS-Häufigkeit zu. Anhand der norwegischen Nordland County-Studie wurden nun die Inzidenz und Prävalenz der MS im hohen Norden über einen 40-Jahreszeitraum erfasst.

Ausgewertet wurden die Krankenakten aller Menschen von „Nordland County” (64°56’ bis 69°20’ nördlicher Breite; ab 66°33’ N beginnt der Polarkreis) zwischen 1970 und 2010. Eine MS wurde anhand der Kriterien nach Poser 1983 (definitve und wahrscheinliche MS) oder nach McDonald 2001 diagnostiziert. Errechnet wurden die Punktprävalenz zu Beginn jeder Dekade sowie der durchschnittliche jährliche Anstieg der MS-Inzidenz in Fünfjahres-Abschnitten.
Die Rohprävalenz am 1. Jan. 2010 betrug 182,4 pro 100 000 Einwohner (altersadjustiert 174,4/100T) – 249,7/100T bei Frauen und 115,6/100T bei Männern. Sie hatte gegenüber 1970 (13,9/100T) signifikant zugenommen. Die Prävalenzrate Frauen/Männer stieg von 3,3:1 (1980) auf 2,2:1 (1990) an und blieb seitdem stabil. Das Erkrankungsalter veränderte sich kaum (anfänglich 38,8 bis zuletzt 40,4 Jahre). Der Anteil an Patienten mit einer primär-progressiven MS (PPMS) nahm zwischen erster und letzter Dekade ab: Die PPMS-Prävalenz lag 1980 bei 38,2% und sank kontinuierlich auf zuletzt 18,6% in 2010 – allerdings war die PPMS-Inzidenz seit 1990 stabil, sie betrug 2004 bis 2009 21,8%.
Wie die Prävalenz nahm auch die jährliche MS-Inzidenz kontinuierlich und massiv zu: Von 0,7/100T im Zeitraum 1970–1974 auf 10,1/100T zwischen den Jahren 2005 und 2009 zu.
Unerfreulicherweise ist der Zeitraum zwischen ersten MS-Symptomen und der Diagnose im Beobachtungszeitraum mit durchschnittlich etwa 5 Jahren seit 4 Dekaden unverändert lang. JL
Kommentar

In den überblickten vier Dekaden stieg die Prävalenz einer MS beständig an (um etwa ein Drittel), insbesondere aber die Inzidenz, die sich mehr als verzehnfachte. Auch wenn Fortschritte in der Diagnostik dazu beigetragen haben mögen, muss gerade Nordnorwegen weiterhin als MS-Hochrisikoregion gelten. Es mehrt sich die Evidenz dafür, dass bei geringer Sonnenexposition ein Vit.-D-Mangel ein wichtiger MS-Risikofaktor ist.

Quelle:

Benjaminsen E et al.: Multiple sclerosis in the far north - incidence and prevalence in Nordland County, Norway, 1970-2010. BMC Neurol 2014; 14(1): 226 [Epub ahead of print: 4. Dez. 2014; doi: 10.1186/s12883-014-0226]

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