Vermeidbare Behandlungsverzögerung?

Neuro-Depesche 1-2/2021

Der lange Weg zur Diagnose

Zertifizierte Fortbildung
Trotz alter und neuer Therapieoptionen wird die hereditäre Transthyretin-Amyloidose (hATTR) häufig zunächst fehldiagnostiziert und daher oft erst mit mehreren Jahren Verzögerung behandelt. In einer Übersichtsarbeit wurde anhand klinischer Merkmale und der Inanspruchnahme des Gesundheitswesens über fünf Jahre vor der Diagnose versucht, einen Teil des langen Weges bis zur Diagnose nachzuvollziehen.
In einer Versicherungsdatenbank wurden 141, durchschnitlich 62,5 Jahre alte Erwachsene identifiziert, die 2016/17 mit der familiären Form der ATTR erstdiagnostiziert worden waren (Leichtkettenund Wildtyp-Amyloidose ausgenommen). Die alters-und geschlechtsangepasste Referenzkohorte bildeten 423 Gesunde. Der durchschnittliche Charlson-Komorbiditätsindex (CCI) im Jahr vor der Diagnose war bei den Patienten deutlich erhöht (2,7 vs. 1,1), ebenso die Zahl chronischer Krankheiten (5,1 vs. 3,2; je p < 0,001) .
 
Dyspnoe, Neuropathie und mehr
Anders als bei den Kontrollen nahmen die Symptome der Patienten über die fünf Jahre stetig zu. Insgesamt war eine Dyspnoe doppelt so häufig wie bei den Kontrollen (49,6 % vs. 25,8 %; p < 0,001). Jeweils mehr als jeder Fünfte litt signifikant häufiger als die Vergleichsgruppe unter Diabetes (39,7 % vs. 25,3 %), Übelkeit/Erbrechen (27 % vs. 13 %), Neuropathie (26,2 % vs. 5,9 %), Obstipation (24,8 % vs. 11,6 %) und Herzinsuffizienz (23,4 % vs. 5,9 %). Im Jahr vor der Diagnose waren die Hospitalisierungen (47,5 % vs. 24,3 %) und die Notaufnahmebesuche (60,3 % vs. 47,0 %) im Patientenkollektiv gehäuft. An Diagnosemaßnahmen wurden vermehrt Echokardiographie (56,7 % vs. 27,0 %), Biopsien/Gentests (34,8 % vs. 20,8 %) und Blut/Urin-Tests (34,8 % vs. 9,5 %) (je p < 0,001) durchgeführt. Im letzten Jahr waren die meisten Patienten beim Hausarzt (46,1 %), gefolgt von Neurologen und Gastroenterologen (je 4,3 %), Kardio- und Rheumatologen (je 3,5 %) sowie Dermatologen (2,8 %). JL
Fazit
Bei hATTR-Patienten treten in den fünf Jahren vor der Diagnose und besonders im letzten Jahr neurologische, kardiovaskuläre, gastrointestinale und andere klinische Manifestationen der Krankheit auf, die häufig Tests und Klinikaufenthalte nach sich ziehen – und so endlich zur Diagnose führen. Unter einer Neuropathie litt etwa ein Viertel.


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle: Vera-Llonch M et al.: The patient journey toward a diagnosis of hereditary transthyretin (ATTRv) amyloidosis. Orphanet J Rare Dis 2021;16(1): 25 [Epub 11. Jan.; doi: 10.1186/s13023-020-01623-1]

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