„Henne-Ei“-Problematik?

Neuro-Depesche 1-2/2015

Depression fördert eine Demenz, aber nicht umgekehrt

Zertifizierte Fortbildung

Depression und Demenz sind bei älteren Menschen keine seltene Kombination, aber kausale Zusammenhänge sind noch immer nicht eindeutig geklärt. Mit der Frage, welche Erkrankung der anderen vorausgeht, hat sich nun eine Forschergruppe aus New York anhand einer Zwölfjahresstudie beschäftigt.

Insgesamt 2425 zu Studienbeginn nichtdemente Bewohner Manhattans im Alter von durchschnittlich 77,3 Jahren (Spanne 65,8– 101,8 Jahre, 67,2% Frauen) nahmen am Washington/Hamilton Heights Inwood Columbia Aging Project (WHICAP) teil und wurden über 12 Jahren nachverfolgt. Eine Depression wurde anhand der Skala Center for Epidemiological Studies (CESD) bewertet (0–10 Punkte). Zudem wurde das episodische Gedächtnis mit dem veränderungssensitiven Selective Reminding Test (SRT) geprüft, bei dem die Probanden in sechs Versuchen 12 Wörter lernen sollen. Die initiale Depressivität wurde mit einem durchschnittlichen CESD-Wert von 1,8 als gering eingestuft. Depressive Symptome zu Studienbeginn standen zwar in keinem signifikanten Zusammenhang zu den initialen SRT-Scores, beschleunigten jedoch die Verschlechterung der Gedächtnisleistung bis zum nächsten Untersuchungstermin gegenüber nicht-depressiven Personen signifikant (p = 0,003). Sie nahm bei den Betroffenen auch im weiteren Verlauf deutlich schneller ab (p = 0,03). Für jedes zusätzliche depressive Symptom gingen die Gedächtnis- Scores um 0,02 Punkte jährlich mehr zurück. Umgekehrt erlaubten die Leistungen im Gedächtnistest keine Vorhersagen hinsichtlich zukünftiger depressiver Symptome. Wurden zu Beginn höhere Gedächtnisleistungen erzielt, verlief der Abbau der Merkfähigkeit zwar deutlich langsamer (p = 0,01) als bei Menschen mit schlechtem Gedächtnis, doch die besseren SRT-Scores waren nicht signifikant mit einer Veränderung der depressiven Symptome assoziiert (p = 0,08). NW

KOMMENTAR

In fortgeschrittenem Alter fördert also eine Depression eine dementielle Entwicklung, nicht jedoch umgekehrt. Depressive Symptome können sowohl ganz allgemeine Frühindikatoren eines Rückgangs der Gerdächtnisleistungen als auch Prodrom einer Demenz sein. Der kausale Zusammenhang zwischen einer Depression und einer Demenz erscheint auch durch pathophysiologische Veränderungen der Hirnintegrität plausibel. Eine Longitudinalstudie mit älteren Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen hat gezeigt, dass depressive Symptome zu einer vermehrten kortikalen Ausdünnung präfrontal führen, einer Region mit starker Glukokortikoidrezeptor-Expression. Es wird vermutet, dass bei Depression die Glukokortikoid-Kaskade den Hippokampus schädigt, der wiederum u. a. an den Gedächtnisleistungen beteiligt ist.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Zahodne LB et al.: Depressive symptoms precede memory decline, but not vice versa, in non-demented older adults. J Am Geriatr Soc 2014; 62: 130-134

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