Große Studie in Dänemark

Neuro-Depesche 1-2/2018

CAVE: Suizidrisiko durch die Pille und andere hormonelle Kontrazeptiva

Weltweit verhüten etwa 100 Millionen Frauen mit Hormonen. Nachdem sich in Studien eine erhöhte Depressionsrate fand, wurde nun in Dänemark das relative Risiko für Suizidversuche und Suizide bei Einsatz verschiedener hormoneller Empfängnisverhütungs- Methoden untersucht. Offenbar wird die Gefahr massiv unterschätzt.

In die landesweite prospektive Kohortenstudie eingeschlossen wurden alle dänischen Frauen ohne psychiatrische Diagnose und ohne Antidepressiva-Einnahme, die erst nach dem 15. Lebensjahr mit einer hormonellen Kontrazeption begonnen hatten. Etwa eine halbe Mio. Frauen (Durchschnittsalter 21 Jahre) wurden über einen durchschnittlichen Zeitraum von 8,3 Jahren (3,9 Mio. Personenjahre) nachbeobachtet. Im Beobachtungszeitraum (1996–2013) ereigneten sich 6999 erste Suizidversuche und 71 vollendete Suizide.
Gegenüber den Frauen, die niemals hormonelle Kontrazeptiva eingenommen hatten, war das relative Risiko bei den (aktuell oder in der Vergangenheit) hormonell verhütenden Frauen (54% der Studienpopulation) deutlich erhöht: Suizidversuche waren mehr als doppelt und Suizide mehr als dreimal so wahrscheinlich (adjustierte Hazard Ratio [HR]: 1,97; 95%-KI: 1,85–2,10 bzw. 3,08; 95%-KI: 1,34–7,08). Die Adjustierung auf psychiatrische Diagnosen und Antidepressiva schwächte die Risiken ab, beseitigte sie aber nicht. Gerade sehr junge Frauen hatten in dieser Auswertung das größte relative Risiko für einen Suizidversuch (15–19 J. HR: 2,06; 20–24 J. HR: 1,61; 25–33 J. HR: 1,64).
In der Unterscheidung nach verschiedenen Verhütungstechniken ergab sich das höchste Risiko für ein Hormonpflaster (HR: 3,28), gefolgt von Vaginalring (HR: 2,58), Pillen mit Progestin (HR: 2,29) und Pillen mit Hormonkombination (HR: 1,91). In der Publikation werden dazu viele weitere Details aufgeführt.
Der Zusammenhang mit einem ersten Suizidversuch war etwa zwei Monate nach Beginn der Verhütung am stärksten. Das Risiko blieb dann über ein Jahr mindestens verdoppelt und sank erst dann ab, war aber gegenüber niemals verhütenden Frauen über sieben Jahre stets um 30% höher. HL
Kommentar

Wie postuliert, ging die Einnahme hormoneller Kontrazeptiva mit einem erheblich erhöhten Risiko für Suizidversuche und Suizide einher. Die Autoren beziffern die Kontrazeptiva- Effekte auf 1400 zusätzliche erste Suizidversuche und 12 zusätzliche Suizidtote pro 1 Mio. Personenjahre. Gerade junge Mädchen sollten unbedingt auf dieses unzureichend beachtete Risiko hingewiesen werden.

Quelle:

Skovlund CW et al.: Association of hormonal contraception with suicide attempts and suicides. Am J Psychiatry 2017 [Epub 17. Nov.; doi: 10.1176/appi. ajp.2017.17060616

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