AMSP-Daten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz

Neuro-Depesche 7-8/2020

CAVE: Schwere kardiovaskuläre Nebenwirkungen unter einigen Antipsychotika

Einige Antipsychotika fördern bekanntlich metabolische Veränderungen und können auch schwere kardiovaskuläre Nebenwirkungen haben. Anhand der Daten des Überwachungsprogramms Arzneimittelsicherheit in der Psychiatrie (AMSP) wurden in den deutschsprachigen Ländern jetzt die substanzspezifischen Risiken untersucht.
Zwischen 1993 und 2013 wurden insgesamt 404.009 stationär behandelte Patienten überwacht, von denen 291.510 Antipsychotika (in Monotherapie oder in Kombination) erhalten hatten. 139.418 hatten eine Schizophrenie-Diagnose.
 
Orthostase-Reaktionen führend
In dem Zehnjahreszeitraum wurden mit schweren unerwünschten Ereignissen (SUE) kardiovaskulärer (CV) Art 376 Fälle gemeldet (relative Häufigkeit: 0,13 %). Am häufigsten waren orthostatischer Kollaps (n = 136; 36,2 %), Sinustachykardie (n = 44; 11,7 %), QTc-Verlängerung (n = 42; 11,2 %), und Hypotonus (n = 38; 10,6 %), deutlich seltener Myokarditis/Perikarditis (n = 23; 6,12 %) und verschiedene Arrhythmie- Formen (4,3 % bis 0,3 %). Hypertonien (n = 6) machten nur 1,6 % aus. Insgesamt starben an den CV-SUE zwölf Patienten.
 
Rangliste nach CV-SUE-Risiko
Unter den mehr als 3.000-mal verschriebenen Antipsychotika war die Inzidenzrate an CV-SUE am höchsten unter einer Mono-/Kombinationstherapie mit Ziprasidon (0,35 %) und Prothipendyl (0,32 %) sowie Clozapin (0,23 %) und Amisulprid (0,21 %). Im Mittelfeld lagen die Raten unter Pipamperon (0,17 %), Quetiapin (0,16 %), Haloperidol (0,16 %), Haloperidol-Depot (0,14 %), Risperidon (0,13 %) und Olanzapin (0,12 %). Noch seltener waren sie bei Melperon (0,10 %), Risperidon-Depot (0,09 %) und Zuclopentixol-Decanoat (0,09 %) sowie am seltensten unter Aripiprazol (0,06 %) und Promethazin (0,03 %). Die Raten fielen unter den entsprechenden Monotherapien jeweils niedriger aus; bspw. lagen sie unter Flupentixol-Decanoat und Risperidon-Depot bei 0 %.
Interessanterweise war die SUE-Rate nicht nur unter niedrig- und hochpotenten Typika identisch (0,12 %), sie unterschied sich auch nicht wesentlich von der Rate unter den atypischen Vertretern (0,14 %) dieser Substanzklasse. Wie die Autoren hervorhoben, wurden unter den Atypika 30 % aller CV-SUE durch Clozapin induziert, so allein 21 der insgesamt 23 Myokarditiden.
Risikofaktoren für schwere CV-SUE waren vor allem vorbestehende Herz-Kreislauf- Erkrankungen (40,1 %), wesentlich seltener dagegen Drogenmissbrauch (3,4 %), schnelle Aufdosierung und eine allgemeine Nebenwirkungsanfälligkeit der Patienten (je 2,9 %). HL
Quelle: Friedrich ME et al.: Cardiovascular adverse reactions during antipsychotic treatment: results of AMSP, a drug surveillance program between 1993 and 2013. Int J Neuropsychopharmacol 2020; 23(2): 67-75

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