Stoßtherapie mit Methylprednisolon

Neuro-Depesche 5-6/2018

CAVE: Leberschädigung „gar nicht so selten“

Bei akuten Schüben werden MS-Patienten seit Jahrzehnten mit hochdosierten Kortikosteroiden behandelt. Dass es unter einer Methylprednisolon-Pulstherapie offenbar nicht selten zu – teils schweren – Leberschädigungen kommt, zeigt die erste prospektive Studie zu dieser Thematik, durchgeführt am MS-Center der Gemelli-Klinik in Rom.
In der Beobachtungsstudie wurden 175 MS-Patienten (65,1% weibl.) augewertet. Im Durchschnitt waren sie 40,8 (± 12,2) Jahre alt und hatten einen EDSS-Wert von 2,8 (± 2,1). 73,7% wiesen eine schubförmige MS auf, nicht einmal zei Drittel (61,7%) wurden immunmodulatorisch behandelt.
Leberenzymerhöhungen wurden vor dem MP-Puls mit 1000 mg/d MP (über 5 Tage) und 14 Tage danach geprüft anhand der Werte der Alanin- bzw. Aspartat-Aminotransferase (ALT bzw. AST; Normspanne jeweils 7–45 U/l) sowie des Gesamtbilirubins (Norm: 0,3–1,2 mg/ dl) und der alkalischen Phosphatase (ALP: Norm: 40–129 U/l). Eine Leberschädigung wurde – unabhängig von übrigen Werten – bei ALT-Anstiegen auf > 45 U/l konstatiert.
Nach Ausschluss der Patienten, bei denen schon bei der Anfangsuntersuchung Leberenzymabweichungen vorlagen, verblieben 171 Patienten, denen innerhalb eines Jahres aufgrund klinischer oder radiologischer Schubzeichen 251 MP-Pulse verabreicht worden waren.
Unter ihnen zeigten 8,6% eine Leberschädigung. Diese war zumeist leichter Art und besserte sich spontan, wurde aber (definiert nach „Hy‘s law“ [Hyman Zimmermann, 1978 als hepatozelluläre Schädigung jeglicher Schwere mit Bilirubin-Anstieg]) bei 2,5% der Patienten (n = 6) als schwer beurteilt. Nach umfassender Leberdiagnostik erhielten drei dieser Patienten die Diagnose eines (wahrscheinlich oder definitiv) Medikamenten-induzierten Leberschadens und drei die einer neuen Autoimmun-Hepatitis. Unter Letzteren wiesen zwei Patienten Antikörper (ASMA/ANA) auf. Vier dieser sechs Patienten waren nicht mit immunmodulatorischen Medikamenten behandelt.
Multivariat analysiert fanden sich für die Leberschäden mit Patienten-, Krankheits- oder Behandlungsmerkmalen keine signifikanten Korrelationen. HL
Kommentar
Aufgrund der mit 2,5% nicht gerade raren Inzidenz einer Leberschädigung nach hochdosiertem MP-Puls empfehlen die italienischen Autoren ein enges Monitoring der Aminotransferase-Spiegel vor einer Therapie bzw. vor einem Therapiewechsel sowie zwei Wochen danach. Übrigens ergab eine nicht auf die MS beschränkte Literaturrecherche 47 Fälle einer mit MP im Zusammenhang stehenden Leberschädigung.
Quelle: Nociti V et a.: Liver injury after pulsed methylprednisolone therapy in multiple sclerosis patients. Brain Behav 2018: e00968. [Epub 4. Mai; doi: 10.1002/ brb3.968])

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