Die Prävalenz neuropathischer Schmerzen in der Bevölkerung wird mit 7 % bis 10 % angegeben. Weniger als die Hälfte der Betroffenen erzielen mit den empfohlenen Pharmaka wie Pregabalin, Gabapentin, Duloxetin und trizyklischen Antidepressiva eine wesentliche Schmerz- linderung. Für die übrigen Patienten können Cannabis-basierte Arzneimittel (Cb-A) und medizinisches Cannabis (MC) eine Behandlungsoption sein.
Diese liegen bekanntlich in einer Vielzahl von Zubereitungen vor: als zugelassene Arzneimittel pflanzlichen oder synthetischen Ursprungs mit Tetrahydrocannabinol (THC) und/oder Cannabidiol (CBD), als Extrakte mit definiertem Molekulargehalt an THC und/oder CBD, mit einem definierten Gehalt an THC und/oder CBD sowie als Vollextrakte zusammen mit anderen Phytocannabinoiden wie Terpenen und Flavonoiden. Die Verfügbarkeit und Anwendung der verschiedenen Zubereitungen von Cb-A/MC variiert weltweit von Land zu Land erheblich.
Heterogene Studienlage
Die Suche nach systematischen Reviews mit Metaanalysen ergab 16 Treffer. In der Metaanalyse von Finnerup NB et al. (2015) und in der Analyse von länger als vier Wochen dauernden Studien von Fisher E et al. (2021) umfasste das 95 %-Konfidenzintervall für eine Schmerzreduktion ≥ 30 % die Null. Drei Metaanalysen von Dykukha I et al. (2021), Mücke M et al. (2018) und Petzke F et al. (2016) fanden hingegen signifikante Wirkungen von Cb-A und MC mit einer relativ günstigen ‚Number needed to treat‘ (NNT) für eine Schmerzlinderung um ≥ 30 % zwischen 6 und 14.
Auch die Daten zu Nebenwirkungen fallen sehr unterschiedlich aus: In den beiden genannten Übersichten von Dykukha I et al. (2021) und Mücke M et al. (2018) wurde für unerwünschte Ereignisse (UE) eine ‚Number needed to harm‘ (NNH) zwischen 12 und 25 genannt. Die NNH für psychiatrische Nebenwirkungen lag hier zwischen 8 und 10. In diesen beiden Metaanalysen unterschieden sich die Raten an schwerwiegenden UE zwischen Cb-A/MC und Placebo nicht.
Eine Wertung der methodischen Qualität der analysierten RCTs nach der GRADE-Einteilung fand nur in den Arbeiten von Fisher E et al. (2021) und Mücke M et al. (2018) statt. Sie ergab eine schlechte bis sehr schlechte Qualität. JL