Therapierefraktäre Patienten mit Lennox-Gastaut-Syndrom

Neuro-Depesche 3/2018

Cannabidiol als Add-on ist wirksam

Zertifizierte Fortbildung

Das Lennox-Gastaut-Syndrom (LGS) ist ein seltenes, schweres Epilepsiesyndrom, das häufig mit starken kognitiven Beeinträchtigungen einhergeht. Die allermeisten LGSPatienten sind gegenüber den üblicherweise eingesetzten Antikonvulsiva therapierefraktär. In einer klassischen randomisierten, kontrollierten Doppelblindstudie wurde erstmals geprüft, ob sich Cannabidiol als Zusatztherapie auf die Krampfanfälle bei therapierefraktären LGS-Patienten auswirkt.

Die Hersteller-unterstützte Phase-III-Studie schloss zwischen April und Okt. 2015 171 LGS-Patienten im Alter zwischen 2 und 55 Jahren ein, die im EEG langsame (< 3 Hz) Spike and Waves gezeigt hatten. Einschlussbedingung war, dass sie mehr als einen Typ generalisierter Anfälle in den letzten sechs Monaten und mindestens zwei Sturzanfälle wöchentlich in der vierwöchigen Baseline-Studienphase erlitten und zuvor auf mindestens zwei Antiepileptika nicht angesprochen hatten.
Die durchschnittlich 15,4 Jahre alten Teilnehmer waren schwer therapierefraktär: Sie hatten in der Vergangenheit auf median sechs verschiedene Antiepileptika nicht respondiert und nahmen bei Studieneinschluss median drei Antiepileptika ein. Trotzdem wiesen sie in der 28-Tage-Baseline-Phase median knapp 74 atonische Anfälle auf.
Die Patienten wurden altersadjustiert im Verhältnis 1:1 randomisiert: 86 erhielten zusätzlich zu ihrer bisherigen Therapie – nach zweiwöchiger Aufdosierungsphase – 14 Wochen lang täglich eine Dosis von 20 mg/kg Körpergewicht (KG) Cannabidiol als Lösung und 85 entsprechend Placebo. 14 Patienten unter Verum und einer unter Placebo schied/en vorzeitig aus der Studie aus.
Im primären Endpunkt war Cannabidiol Placebo deutlich überlegen: Median kam es über die 14 Wochen zu einer Reduktion der monatlichen atonische Anfälle gegenüber Baseline von 71,4 auf 31,4, also um 43,9% gegenüber einer Abnahmen von 74,7 auf 56,2 Sturzanfälle, also nur um 21,8%. Der mediane Unterschied von 17,21% war signifikant (p = 0,0135). Die Responderraten (Reduktion ≥ 50%) betrugen 44,0% (n = 38 von 86) versus 24,0% (n = 20 von 85). Die Odds Ratio lag bei 2,57 (p = 0,0043). Zusätzlich zeigte sich auch eine Verringerung der übrigen Anfallstypen unter Cannabidiol: Die Gesamtzahl aller Anfällen pro Monat sank im Mittel um 41,2% (von 144,6 auf 83,8), in der Placebo-Gruppe aber nur um 13,7% (von 176,7 auf 128,7).
Die meist leicht bis moderat ausgeprägten und oft vorübergehenden, behandlungsbezogenen Nebenwirkungen bestanden in Diarrhö (13% vs. 4% unter Placebo), Müdigkeit (14% vs. 8%), Appetitmangel (9% vs. 1%) und Erbrechen (7% vs. 5%). Transaminasen-Erhöhungen traten unter Cannabidiol bei vier Patienten auf. Nebenwirkungsbedingt schieden 12 Teilnehmer (14%) des Cannabidiol- und einer (1%) des Placebo-Arms aus. In der Verumgruppe ereignete sich ein Todesfall, der allerdings als nicht mit der Studienmedikation zusammenhängend erachtet wurde. JL


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Thiele EA et al. für die GWPCARE4 Study Group: Cannabidiol in patients with seizures associated with Lennox-Gastaut syndrome... Lancet 2018; [Epub 25. Jan.; doi: 10.1016/S0140-6736(18)30136-3]

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