Demenz vom Alzheimer-Typ (DAT)

Neuro-Depesche 7-8/2016

Blut-Hirn-Schranke früh durchlässig

Zertifizierte Fortbildung

Mithilfe Kontrastmittel-verstärkter MRT wurde in einer niederländischen Studie nachgewiesen, dass die Blut-Hirn-Schranke bei DAT-Patienten schon im Frühstadium der Erkrankung undicht ist. Diese Lecks könnten in der Pathologie-Kaskade der DAT eine entscheidende Rolle spielen, zumindest mitverantwortlich für den kognitiven Abbau sein.

Eine intakte Blut-Hirn-Schranke (BHS) reguliert nicht nur die Zufuhr essenzieller Nährstoffe, sondern schützt das Hirn selektiv auch vor Neurotoxinen, Krankheitserregern und dem Übetritt unerwünscher Immunzellen in das ZNS-Kompartiment. Experten verglichen nun mittels Kontrastmittel- verstärkter MRT die Funktion der BHS von 16 Patienten (59–85 Jahre) mit früher Alzheimer-Erkrankung (Clinical dementia rating ≤ 1) mit der von 17 gesunden und altersentsprechenden Kontrollen.
Das Ausmaß der pathologischen Durchlässigkeit der BHS wurde mit einer zweizeitigen dynamischen MRT mit Gadobutrol als Kontrastmittel) erfasst. Unter zusätzlicher Verwendung eines Histogramms wurde die BHS-“Leck-Rate“ und die Schädigung des dahinter liegenden Hirngewebes bestimmt.
Bei den DAT-Patienten wurden deutlich häufiger größere, über das gesamte Großhirn verteilte „Lecks“ der BHS gefunden als bei den Kontrollen. Dies betraf die Gesamtheit der grauen Substanz (GM; p < 0,5) und den Kortex (p = 0,03), aber nicht die weiße Substanz (WM), die normal erscheinende WM (NAWM), die tiefe GM oder die hyperintensen WM-Areale. Die Patienten wiesen zudem einen signifikant höheren Volumenanteil an geschädigtem Hirngewebe auf als die gesunden Teilnehmer: sowohl in der GM (p = 0,004) als auch in der NAWM (p < 0,04), der tiefen GM (p = 0,01) und im Kortex (p = 0,004).
Die Radiologen zeigten außerdem einen Zusammenhang zwischen der Schrankenstörung und dem kognitiven Abbau auf: Je höher das Volumen der BHS-Lecks war, desto unvorteilhafter schnitten die Patienten im Mini-Mental State- Test (MMST) ab. Die MMST-Werte fielen mit steigender BHS-Schädigung in der gesamten GM (p = 0,007) und im Kortex (p < 0,05) signifikant schlechter aus, nicht aber in den übrigen Regionen. Dies war in ähnlicher Weise auch für die Subgruppe der Patienten mit Mild cognitive impairment (MCI) der Fall. Zwischen der Alzheimerund der MCI-Gruppe ergaben sich hierin aber keine signifikanten Unterschiede.
Übrigens veränderten das Gehirn in Mitleidenschaft ziehende Erkrankungen wie Diabetes die Ergebnisse nicht wesentlich. GS
Kommentar

Die frühe BHS-Schädigung bei Demenzkranken hat offenbar klinische Konsequenzen. Das MRT-Verfahren besitzt, wie die Autoren betonen, einen entscheidenden Vorteil: Sogar bei Patienten ohne direkt sichtbare zerebrovaskuläre Veränderungen lassen sich frühe Veränderungen der BHS feststellen. Dadurch könnte u. a. die Diagnose einer DAT erheblich früher gestellt werden.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

van de Haar JH et al.: Blood-brain barrier leakage in patients with early Alzheimer disease. Radiology 2016:152244 [Epub 31. Mai; doi: 10.1148/radiol. 2016152244]

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