Vermehrtes periaquäduktales Grau

Neuro-Depesche 9/2017

Biomarker für die episodische Migräne?

Migräne-Patienten zeigen in der Bildgebung gegenüber Gesunden diverse regionale Hirnvolumen-Abweichungen. In einer MRT-Pilotstudie untersuchten chinesische Wissenschaftler, ob die Größe des periaquäduktalen Grau (PAG) bei Patienten mit episodischer und chronischer Migräne verändert ist und ob dies ggf. mit klinischen Variablen in Zusammenhang steht.

Die strukturellen 3-Tesla-MRT-Aufnahmen wurden (interiktal) von 18 Patienten mit EM und 16 mit chronischer Migräne (CM) sowie 18 neurologisch unauffälligen Kontrollen (KG) angefertigt. Die individuellen PAG-Volumina wurden segmentweise mit einem PAG-Standardmuster verglichen. Zusätzlich wurden die depressiven und Angstsymptome (mittels Hamilton Depression bzw. Anxiety Scale; HAMD bzw. HAMA) und die Kognition mit dem Montreal Cognitive Assessment (MoCA) erfasst. Die Schmerzschwere wurde mit einer Visuell- Analog-Skala (VAS) und die kopfschmerzbedingte Beeinträchtigung mit der Migraine Disability Assessment Scale (MIDAS) erhoben.
Die 18 EM-Patienten wiesen ein durchschnittlich signifikant größeres PAG-Volumen auf als die gesunden Kontrollen (0,35 vs. 0,32 ml; p = 0,017), nicht aber als die CM-Patienten (0,35 vs. 0,33 ml; p = 0,327). Der Unterschied zwischen CM und KG war ebenfalls nicht signifikant (p = 0,170).
Die einzige signifikante Korrelation zwischen PAG-Größe und den zusätzlichen Parametern ergab sich bei den CM-Patienten. Hier korrelierte das durchschnittliche PAG-Volumen signifikant negativ (p = 0,03) mit der Schmerzintensität nach VAS.
Die Analyse der Receiver operating characteristics (ROC) zeigte, dass das PAG-Volumen für die Unterscheidung der Kontrollen von den EM-Patienten – bei hoher Spezifität – diagnostisch zuverlässiger war (Area under the Curve [AUC]: 0,731; Sensitivität: 0,556; Spezifität: 0,889) als die Abgrenzung von den CM-Patienten. Hier ließ insbesondere die Sensitivität zu wünschen (AUC: 0,634; Sensitivität: 0,438 Spezifität: 0,833). In der Unterscheidung von EM und CM war die Zuverlässigkeit wegen der näher beieinander liegenden PAG-Volumina – bei niedriger Spezifität – auch gering (AUC: 0,618; Sensitivität: 0,813; Spezifität: 0,556). JL
Kommentar

PAG (S. grisea) ist eine relativ kleine Struktur im Mittelhirn und Teil eines wichtigen antinozizeptiven neuronalen Netzwerkes. Absteigende Projektionen, z. B. in das Hinterhorn des Rückenmarks und zu den Trigeminus- Kernen, können sowohl schmerzhemmend als auch -fördernd wirken. Das hier anhand der hochauflösenden MRT-Aufnahmen beobachtete signifikant vergrößerte PAG-Volumen bei Patienten mit episodischer Migräne könnte den Autoren zufolge als Biomarker die Diagnose unterstützen.

Quelle:

Chen Z et al.: Volume expansion of periaqueductal gray in episodic migraine: a pilot MRI structural imaging study. J Headache Pain 2017;18(1): 83 [Epub 15. Aug 15; doi: 10.1186/s10194-017-0797-z]

ICD-Codes: G43.9

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