Hämatopoetische Stammzelltransplantation

Neuro-Depesche 5-6/2020

Biomarker deuten auf Neurotoxizität hin

Zertifizierte Fortbildung
Die immunablative autologe hämatopoetische Stammzelltransplantation (IAHSCT) ist eine Option bei besonders schweren MS-Verläufen. Nun deuten Befunde auf neurotoxische Effekte hin, die zur Hirnatrophie beitragen.
Eine Toxizität wurde anhand Serumspiegel des Neurofilament Light Chain (NfL) und des Glia Fibrillary Acidic Protein (GFAP) bei 22 MS-Patienten und 28 Kontrollen vor bzw. drei, sechs, neun und zwölf Monate nach der IAHSCT objektiviert. Sie gelten als Biomarker für einen Axon- bzw. Gliazell-Schaden. Ihre Spiegel waren bei MS-Patienten schon initial deutlich höher als bei den Kontrollen (NfL: 21,8 vs. 6,4 pg/ml, GFAP: 107,4 vs. 50,7 pg/ml; je p = 0,0001).
 
Biomarker im Verlauf
Drei Monate nach der IAHSCT waren die Serumspiegel beider Biomarker noch einmal signifikant um 32,1 % (auf 28,8 pg/ml NfL) bzw. um 74,8 % (auf 187,7 pg/ml GFAP) angestiegen (p = 0,0029 bzw. 0,0004). Der NfL-Anstieg korrelierte signifikant mit der Gesamtdosis von Busulfan (p = 0,034), der Verschlechterung des EDSS-Scores (p = 0,041) und dem Hirnvolumenverlust im MRT (p = 0,044), besonders der grauen Substanz (p = 0,0023) (jeweils nach sechs Monaten), sowie tendenziell mit kognitiven Verschlechterungen. Danach sanken die NfL-Spiegel rasch unter den Baseline- Wert (12. Monat: 11,3 pg/ml; p = 0,0001), waren dabei aber immer noch höher als bei den Kontrollen (p = 0,0001). In den Monaten 9 und 12 bestanden aber keine signifikanten Korrelationen mehr mit der Hirnatrophie.
Im Gegensatz zu den NfL-Werten blieben die GFAP-Konzentrationen hoch (Monat 6: 150,0 pg/ml) und waren erst zwölf Monate nach der IAHSCT auf 130,7 pg/ml gesunken. Die GFAP-Veränderungen korrelierten mit den NfL-Verläufen, aber mit keinen klinischen oder MRT-Befunden. JL
Kommentar
Unter einer IAHSCT wurde teilweise ein beschleunigter Hirnvolumen-Verlust festgestellt, der – wie unter anderen antientzündlichen MS-Therapien – häufig als „Pseudoatrophie“ interpretiert wird. Die in der aktuellen Studie belegte temporäre Atrophie-Zunahme wird möglicherweise durch die Chemo- therapie vermittelt.


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle: Thebault S et al.: Neurotoxicity after hematopoietic stem cell transplant in multiple sclerosis. Ann Clin Transl Neurol 2020 [Epub 18. April; doi: 10.1002/ acn3.51045]

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