Patienten mit chronischem Schlaganfall

Neuro-Depesche 7-8/2022

Bessert tDCS die Fatigue und Poststroke-Depression?

Viele Patienten leiden nach einem Schlaganfall an Fatigue und depressiven Symptomen. Ob eine transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) die kortikale Aktivitäten im dorsolateralen Präfrontalkortex (DLPFC) und damit die Symptomatik beeinflussen kann, untersuchte nun ein norwegisches Team.
Nach Randomisierung erhielten 27 Patienten innerhalb von drei bis vier Wochen sechs tDCS-Sitzungen á 20 min (1 mA; Anode bei F3, Kathode bei O2) über dem DLPFC, die übrigen 27 eine Scheinstimulation. Außerdem absolvierten alle Teilnehmer 17 Sitzungen des computerbasierten kognitiven Trainings Cogmed QM (mit auditiv-verbalen und visuell-räumlichen Übungen), das sich positiv auf die Poststroke Fatigue (PSF) auswirken soll. Die Fatigue und Depressivität wurden anhand der Selfreport scale Fatigue Severity Scale (FSS; 1-7) und des Patient Health Questionnaire (PHQ; 0-27) erfasst.
 
tDCS ohne zusätzlichen Effekt
Das durchschnittliche Alter der Patienten (40 männlich) lag bei 69,1 Jahren. Im Mittel lag ihr Apoplex 25 Monate (SD ± 9,1) zurück, und ihr NIHSSScore betrug 1,3 (SD ± 1,5). Die Fatigue war zu Baseline mittelschwer (FSSScore: 3,5) und die Depressivität eher leicht (PHQ: 4,3).
Tatsächlich verbesserte sich sowohl die Fatigue (FSS 3,0) als auch die depressive Symptomatik (PHQ: 3,5). Wie eine Analyse mittels Bayes-Statistik zeigte, hatte die tDCS jedoch keinen maßgeblichen Einfluss auf die Depressivität und die Fatigue, sodass die Autoren von einem ganz überwiegenden Therapieeffekt des kognitiven Trainings ausgehen. GL
Fazit
Da eine Poststroke Depression mit Veränderungen im präfrontalen Kortex assoziiert ist, bestand die Hoffnung, dass eine tDCS des DLPFC die Symptomatik bessern kann. Dies gelang in dieser ersten randomisierten, kontrollierten Longitudinal-Studie nicht. Allerdings war das Patientenkollektiv auch nur leicht depressiv. Das intensive kognitive Training hingegen scheint die Symptomatik zu bessern. Da es keine Kontrollgruppe gab, ist dafür auch ein Antizipations- oder Interaktionseffekt vorstellbar.
Quelle: Ulrichsen KM et al.: No add-on effect of tDCS on fatigue and depression in chronic stroke patients: A randomized sham-controlled trial combining tDCS with computerized cognitive training. Brain Behav 2022: e2643 [Epub 6. Juni; doi: 10.1002/brb3.2643
ICD-Codes: I64

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