Migräne bei deutschen Neurologen und Schmerzmedizinern

Neuro-Depesche 4/2020

Behandeln sich Ärzte anders als die Patienten?

Deutsche Neurologen und Schmerzspezialisten wurden befragt, ob sie ihre eigene Migräne leitliniengerecht und genauso oder anders behandeln wie die ihrer Patienten.
12.284 Mitglieder der DGN, DGSS und DMKS wurden per E-Mail befragt, 418 antworteten. Neben demografischen Daten, Spezialisierung und Berufserfahrung wurden Migräne-Prävalenz und -Intensität erfasst. Die Betroffenen sollten Angaben zur Therapie bei sich selbst und ihren Patienten machen.
Mit 175 der 418 Befragten (41,9 %) litten sehr viele Ärzte an einer Migräne. Sie waren zu 64 % weiblich und 45,9 (± 10,7) Jahre alt. Mit durchschnittlich 2,2 Migräne- Tagen in den letzten vier Wochen (67,4 % mit 1 – 4 Migräne-Tagen) wiesen nur zwei Patienten eine chronische, die übrigen eine episodische Migräne auf.
Bei akuten Migräne-Attacken wenden fast alle (96,6 %) bei sich leitliniengerechte Medikamente an, am häufigsten Ibuprofen (61,6 %), gefolgt von Triptanen (28,5 %), ASS (22,8 %), Metamizol (20,5 %) und Paracetamol (17,1 %).
Eine Migräne-Prophylaxe nutzten lediglich 17 Befragte (9,7 %), aber nur 52,9 % mit den empfohlenen Erstlinien-Mitteln Betablocker, Flunarizin, Topiramat und Valproat. 38 Ärzte (21,7 %) wendeten trotz ≥ 3 Migräne-Tagen/Monat keine Prophylaktika an. Sie waren signifikant jünger (42,1 vs. 56,6 Jahre), unerfahrener (14,2 vs. 24,6 Berufsjahre), seltener auf Schmerztherapie spezialisiert (16,7 % vs. 62,5 %) und häufiger angestellt (92,1 % vs. 52,9 %) als die 17 Prophylaxe betreibenden Ärzte (je p < 0,001).
Gründe für die Nicht-Prophylaxe waren befürchtete Nebenwirkungen (38,5 %), als zu gering empfundene Attackenintensität (26,9 %) und ausreichende Wirkung der Akutmedikamente (19,2 %). Dessen ungeachtet gaben 37 der 38 (97,4 %) an, ihre Migräne-Patienten leitliniengerecht zu behandeln.
Im gesamten Kollektiv gaben 96,6 % an, ihre Patienten gemäß den aktuellen Leitlinien zu behandeln. 14,3 % würden sich allerdings anders behandeln, wenn sie ihre eigenen Patienten wären. HL
Kommentar
Bei der Prophylaxe mit den First-line- Medikamenten wichen vor allem jüngere und weniger erfahrene Ärzte bei sich selbst (nicht aber bei ihren Patienten) von den Leitlinien ab.
Quelle: Hansen LC et al.: Do doctors treat themselves difffferently than their patients? Study on the self-treatment of migraine among German neurologists and pain specialists.Cephalalgia 2020 [Epub 17. Feb.; doi: 10.1177/0333102420907593]

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x