Globale „Opioid-Epidemie“

Neuro-Depesche 11-12/2019

Auch in Deutschland ein Problem?

Die in den meisten entwickelten OECD-Ländern zunehmende Verordnung verschreibungspflichtiger Opioide hat weltweit zu einer hohen Anzahl von Missbrauch, Abhängigkeit und opioidbedingten Todesfällen geführt. In den USA z. B. wurde von der Politik schon massiv gegengesteuert. Jetzt wurden die Opioid-Verordnungsmuster in Deutschland untersucht. Die Studienlage ist heterogen und die Evidenz begrenzt, aber ...
Die Literaturrecherche ergab nur zwölf geeignete Studien, allesamt retrospektive Querschnittsstudien (1985–2016). Die Stichprobengrößen reichten von 92.842 bis 11.000.000 Teilnehmern.
Alle vor 2000 veröffentlichten Daten – aber keine aus neueren Studien – deuteten auf eine Unterbehandlung von Schmerzen mit Opioiden hin. Die Mehrzahl der Verordnungen betraf Patienten mit nicht-krebsbedingten Schmerzen. Opioide wurden älteren Menschen, Frauen und in Norddeutschland häufiger verschrieben. Fentanyl war das im ambulanten Bereich am häufigsten verschriebene starke Opioid.
Die Studiendaten legen nahe, dass sowohl die Zahl der Patienten mit Opioid- Verordnungen als auch deren tägliche Opioid-Dosen pro in Deutschland zunehmen. Der höchste Anstieg (2000 bis 2010) betrug in einer Studie 37 %. Obwohl Deutschland nach dem Vereinigten Königreich und vor Spanien in Europa das Land mit den zweithäufigsten Opioidverordnungen ist, blieb die Zahl der opioidbedingten Todesfälle seit 2006 stabil.
Auch wenn die Verschreibungsmuster den in anderen Industrieländern beobachteten Trends folgen, gibt es in Deutschland keine Anzeichen für eine „Opioid-Epidemie“, folgern die Autoren. Die Studienlage spricht also nicht dafür, dass derzeit dringende gesundheitspolitische Maßnahmen notwendig sind. Allerdings bestehen weiterhin kritische Lücken in der Literatur - es sind weitere Studien erforderlich, um ein zuverlässigeres Urteil zu fällen. JL
Quelle: Rosner B et al.: Opioid prescription patterns in Germany and ... PLoS One 2019; 14(8): e0221153 [Epub 28. Aug.; doi: 10.1371/journal.pone.0221153]

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