Im Längsschnitt mit RRMS-Patienten verglichen

Neuro-Depesche 11-12/2021

Auch bei NMOSD nimmt die Hirnatrophie zu

Zertifizierte Fortbildung
Bei MS-Patienten schreitet der Hirnvolumenverlust im Verlauf schneller voran als bei alternden Gesunden. Doch wie steht es um die Hirnatrophie bei Patienten mit Aquaporin-4-Antikörper-positiver Neuromyelitis optica Spectrum Disorder (AQP4+NMOSD)? Dies wurde jetzt im Längsschnitt im Vergleich mit MS-Patienten untersucht.
In der retrospektiven Kohortenstudie wurde die Hirnatrophie-Rate im Längsschnitt über etwa ein Jahr bei 36 Patienten mit AQP4+NMOSD und 60 mit schubförmig-remittierender MS (RRMS) be- stimmt.
Im Durchschnitt waren die Krankheitsdauer (6,3 vs. 8,3 Jahre), die jährliche Schubrate (0,65 vs. 0,54) und der Zeitraum zwischen letztem Schub und Beginn der krankheitsmodifizierenden Therapie (12,6 vs. 17,8 Monate) zwischen der NMOSD- und der MS-Gruppe nicht signifikant unterschiedlich. Die Patienten mit NMOSD waren allerdings signifikant älter (durchschnittlich 54,5 vs. 40,5 Jahre) und hatten zu Baseline einen höheren EDSS-Wert (durchschnittlich 4,5 vs. 2,0).
 
Signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen)
Nach Normalisierung auf das Hirnvolumen fand sich bei den NMOSD-Patienten im Vergleich mit der RRMS-Gruppe zum Zeitpunkt der ersten MRT-Aufnahme ein niedrigeres Läsionsvolumen (1,0 vs. 6,4 ml; p = 0,019) und ein höheres Volumen der weißen Substanz (NWV) 0,31 vs. 0,29 x 10-3 ml; p = 0,007). Die annualisierte Atrophie-Rate des normalisierten Hirnvolumens war jedoch zwischen den beiden Gruppen sehr ähnlich (median 0,47 vs. 0,48; p = 0,47). Dies betraf auch die Volumenabnahme der Grauen Substanz (NGV) um 0,50 % vs. 0,36 % (p = 0,96) und der NWV um 0,21 vs. 0,33 (p = 0,72).
Auch in der Subgruppe mit Anpassung auf das Vorliegen eines Schubrezidivs/einer Behinderungsprogression (27 NMOSD-und 45 RRMS-Patienten) sowie in der Subgruppe mit zusätzlicher Anpassung auf das Alter (je 20 Patienten) waren die jährlichen Atrophie-Raten zwischen den beiden Krankheitsgruppen ohne signifikante Unterschiede.
 
Atrophie bei langen RM-Läsionen
Unter den NMOSD-Patienten zeigten jene 21 mit langen Rückenmark(RM)-Läsionen (> 3 Wirbelsegmente) eine höhere annualisierte Atrophie-Rate des Volumens der grauen Substanz als die 15 Patienten ohne lange RM-Läsionen (median 0,79 % vs. 0,41 %; p = 0,046). JL
Fazit
Bei der NMOSD kommt es vor allem im Rahmen akuter Schübe zur Behinderungsprogression. Beim Hirnvolumenverlust ist dies offenbar anders: Erstmals wurde hier gezeigt, dass Patienten mit AQP4+NMOSD ähnlich wie RRMS-Patienten eine stille Progression der Hirnatrophie aufweisen – selbst bei klinisch inaktiven Fällen gleichen Alters. OCT- Studien hatten ebenfalls schon auf eine (subklinische) Neurodegeneration bei AQP4+NMOSD-Patienten hingewiesen.


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

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