Radiologisch isoliertes Syndrom (RIS)

Neuro-Depesche 4/2020

Atrophie des Kleinhirns nachgewiesen

Zertifizierte Fortbildung
Bei einem RIS bestehen definitionsgemäß MS-artige demyelinisierende Läsionen in der MRT, die asymptomatisch sind. Jetzt fanden Forscher der University of California bei Personen mit RIS deutlich reduzierte Volumina im Kleinhirn.
Bei 21 Personen m mit RIS und 38 alters und geschlechtsangepassten Gesunden wurden zerebrale und regionale Läsionen und Atrophien anhand T1-gewichteter 3D-MRT-Scans (3 Tesla) bestimmt. Dabei wurde in verschiedenen Regionen und im Gesamthirn nach weißer und grauer Substanz (WM bzw. GM) unterschieden. Die Läsionen der Personen mit RIS waren hauptsächlich in der periventrikulären WM und der Corona radiata lokalisiert. Das Maximum fand sich in der linken periventrikulären WM. Nur sieben der 21 Probanden wiesen WM-Läsionen im Hirnstamm und/oder Kleinhirn auf.
 
Hirnstamm- und Kleinhirn-Volumina
Das normalisierte WM-Gesamtvolumen unterschied sich zwischen der RIS- und der Kontrollgruppe nicht signifikant (p = 0,850), während die Gesamt-GM zumindest tendenziell kleiner ausfiel
(p = 0,062). Gegenüber den Gesunden signifikant verringert waren sowohl die WM im Gesamtkleinhirn (p = 0,003) als auch die GM des anterioren (p = 0,005) Kleinhirns. Lediglich tendenziell kleiner fifiel die GM des Kleinhirns (p = 0,071) aus.
Keine signifikanten Unterschiede zwischen der RIS- und der Kontrollgruppe fanden sich dagegen für die GM des posterioren Kleinhirns (p = 0,107), die Hirnstamm-GM (p = 0,136) und die supratentorielle WM (p = 0,870), während die supratentorielle GM (erneut) nur tendenziell kleiner war (p = 0,077).
Mit dem T1-Läsionsvolumen der Personen mit einem RIS (3,8259 ± 2,8477 ml) ergaben sich insgesamt nur zwei signifikante Korrelationen: mit der Gesamt-GM (p = 0,014) und mit der supratentoriellen GM (p = 0,009). JL
Kommentar
Frühere Studien zum klinisch isolierten Syndrom (CIS) ergaben eine Kleinhirnatrophie. Diese liegt – übrigens ähnlich wie eine Thalamusatrophie – offenbar bereits im Stadium eines RIS vor. Ihr könnten mikrostrukturelle Veränderungen der Kleinhirn-WM zugrunde liegen, wie sie bei MS-Patienten auch in Abwesenheit entzündlicher Läsionen beobachtet werden. Diese Kontinuität spricht für ein RIS als präsymptomatisches MS-Stadium.


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle: George IC et al.: Cerebellar volume loss in radiologically isolated syndrome. Mult Scler 2019 [Epub 4. Nov.; doi: 10.1177/1352458519887346]

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