Parkinson-Frühstadium

Neuro-Depesche 7-8/2017

Aß42 prädiziert Gangverschlechterung

Zertifizierte Fortbildung

Eine Neurologen-Gruppe untersuchte prospektiv, ob verschiedene Liquor-Proteine von Parkinson-Patienten im frühen Krankheitsstadium Einfluss auf das Fortschreiten L-Dopa- resistenter Gangstörungen haben. Sie fanden einen Zusammenhang zwischen der Progression und den ß-Amyloid-Konzentrationen.

Bei 108 motorisch noch wenig beeinträchtigten Parkinson-Patienten (Durchschnittsalter ca. 70 Jahre), die ihre Diagnose median vor fünf Monaten erhalten hatten, und 130 altersentsprechenden Kontrollen wurden 16 Gangparameter mittels einer computerisierten Gehmatte (GAITRite) wiederholt quantitativ analysiert. In einer Subgruppe von 44 Patienten erfolgte eine Lumbalpunktion zur quantitativen Bestimmung verschiedener potenzieller Biomarker im Liquor: ß-amyloid 1-42 und 1-40 (Aß42 und Aß40), Gesamt-tau- (t-tau) und phosphoryliertes tau-Protein (p-tau181) sowie a-Synuclein (aSyn). Primärparameter war eine trotz optimierter Medikation auftretende maßgebliche Verschlechterung verschiedener Gangmerkmale über die nächsten 36 Monate.
Während sich die objektiven Gangcharakteristika bei den Kontrollen nicht verschlechterten, kam es bei den Parkinson-Patienten im einfachen Gehtest (single task) zu einer Zunahme der L-Dopa-resistenten Gangstörungsmerkmale: Jährlich verschlechterte sich die Variabilität der Schrittzeit um 4,5%, der Schrittlänge um 5,7% und der Schrittbreite um 3,4%. Bei gleichzeitigem Kognitiontstest (dual task) betrug die Verschlechterung der Schrittzeit-Variabilität 5,7% pro Jahr.
Niedrige Baseline-Liquorkonzentrationen von Aß42 (und in geringerem Ausmaß auch von Aß40) prädizierten verschlechterte Gangmerkmale in den nächsten 41 Monaten (median). Sie erklärten unabhängig von anderen Variablen bis zu 12% der Varianz von Schrittzeit (im single task) und Schrittlänge (im dual task). Interessanterweise waren diese Zusammenhänge unabhängig vom Lebensalter und der – bei den Patienten deutlich stärker beeinträchtigten – kognitiven Leistungsfähigkeit (nach MoCA). Auch die Unterscheidung nach Akinese- und Tremor-dominantem Parkinson-Subtyp hatte keinen signifikanten Einfluss.
Die Liquorspiegel an t-tau und p-tau181 dagegen zeigten, anders als angenommen, keine signifikanten Relationen mit der Gangverschlechterung, ebenso wenig wie die aSyn-Konzentrationen. JL
Kommentar

Die aktuellen Ergebnisse sprechen für eine Rolle der – bei Alzheimer-Demenz prominenten – Amyloid-Pathologie in den neuronalen Netzen, die für die Bewegungskontrolle der Parkinson-Patienten zuständig sind. So könnte ein gestörter Aß-Metabolismus bei Patienten in frühen Parkinson-Stadien ein Biomarker für L-Dopa-refraktäre Gangstörungen sein. Darüber hinaus könnte der Aß-Stoffwechsel aber auch ein interessantes neues Therapie-Target sein, um Gangproblemen (und evtl. Stürzen) vorzubeugen. Kritisch anzumerken ist, dass der Aß-Zusammenhang nur bei sehr wenigen der 16 GAITRite-Merkmale signifikant war.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Rochester L et al.: Decrease in Aß42 predicts dopa-resistant gait progression in early Parkinson disease. Neurology 2017; 88(16): 1501-11

ICD-Codes: G20

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