Mangelnde Symptomkontrolle in fortgeschrittenen Stadien

Neuro-Depesche 3/2021

Apomorphin bei Fluktuationen

Apomorphin ist ein hochpotenter Agonist an den D1 (D1-, D5-) und D2- (D2-, D3, D4-) Dopaminrezeptoren. Wie sich das subkutan per Pumpe oder Pen verabreichte Medikament in das heutige Therapiespektrum bei Parkinson-Patienten in fortgeschrittenen Stadien eingefügt, erläuterten erfahrene Neurologen auf einem von Ever Pharma unterstützten Online-Symposium beim „Highlights Digital 2021“ der DPG.
Apomorphin wird bei Patienten zur Behandlung motorischer Fluktuationen wie „On-off“-Phänomenen eingesetzt, die durch orale Parkinsonmittel nicht hinreichend kontrolliert werden. Wie Prof. Stephan Klebe, Universitätsklinikum Essen, Klinik für Neurologie berichtete, ist die Therapie Apomorphin ein seit langem bewährtes Konzept, das heute wieder ein innovatives Potenzial besitzt. Aufgrund seiner kurzen Halbwertszeit (ca. 40 Min.) wird Apomorphin parenteral eingesetzt, heute meist per Subkutan-Pumpe, die über eine Basis- und Bolus-Funktion verfügt, und als zusätzliche Bedarfsgabe mittels Pen. Diese „sind intuitiv zu bedienen“, so der Experte.
Wie Klebe berichtete, zeigt die klinische Studienlage eine Reduktion der tägliche Off-Zeit um 45% bis 87% bei gleichzeitiger erheblicher Reduktion der L-Dopa-Dosis. An Nebenwirkungen werden vor allem Übelkeit, subkutane Granulome, Müdigkeit und Halluzinationen beobachtet. Die Übelkeit kann durch Domperidon verringert werden, so der Experte.
In der OptiPump-Studie (n = 142) führte die Apomorphin-Therapie bei mehr als 70% der Patienten nach sechs Monaten zu einer (minimalen bis sehr starken) Verbesserung des klinischen Globalzustandes (nach CGI) – sowohl im Patienten- als auch im Arzturteil. Zudem stieg die Lebensqualität nach dem Parkinson’s Disease Questionnaire 39 (PDQ-39) signifikant an. Dies betraf sowohl den Gesamtscore (p = 0,0114) als auch mehrere PDQ-39-Subdomänen, darunter Mobilität (p = 0,0026) und emotionales Wohlbefinden (p = 0,0241).
Die doppelblinde TOLEDO-Studie bestätigte die vorteilhaften Effekte von Apomorphin gegenüber Placebo auf die tägliche Off-Zeit, die Dyskinesien und die tägliche On-Zeit ohne behindernde Dyskinesien. Es besserten sich u.a. auch Apathie und die Kognition.
„Apomorphin scheint auch auf die nicht-motorische Symptome (NMS) einen positiven Effekt zu haben“, hob Klebe hervor. Wie die Open-label-Verlängerung dieser Studie zeigt, waren die therapeutischen Wirkungen auf die Motorik über insgesamt 60 Monate anhaltend.
 
Welche Therapie bei Versagen der oralen Medikation?
Die Abwägung, ob Patienten in fortgeschrittenen Stadien, bei denen eine orale (Kombinations-)Therapie nicht mehr ausreichend wirksam ist, eine Therapie mittels subkutaner Apomorphin-Gabe, gastrointestinaler Duodopa-Pumpe oder aber eine Tiefe Hirnstimulation (THS) erfolgen soll, lässt sich ausschließlich anhand der individuellen Patientensituation und –bedürfnisse entscheiden, betonte Klebe. In einer sechsmonatigen prospektiven Head-to-head-Studie (n = 173) zeigten sich zwischen den drei Therapien z.B. im motorischen Score der UPDRS (Teil III) keine signifikanten Unterschiede. Die Komplikationen verbesserten sich in allen drei Studienarmen. In jedem Fall sollten die motorischen und nicht-motorischen Komplikationen möglichst früh nach ihrem Auftreten behandelt werden, so der Experte. Darüber hinaus ist Apomorphin in speziellen Therapiesituationen wie bewusstlosen oder palliativ behandelten Patienten, bei schweren gastrointestinalen Problemen, akuten Infektionen etc. eine vorteilhafte Option.
Heute wird Apomorphin auch bei Parkinson-Patienten eingesetzt, die unter einer andauernden THS trotz Optimierung der Stimulationsparameter und der übrigen (dopaminergen) Medikation noch behandlungsbedürftige Symptome aufweisen, erläuterte Prof. Iris Reuter, Universitätsklinikum Gießen und Marburg. Apomorphin zeichnet sich durch eine rasche, innerhalb von 4 bis 12 Minuten einsetzende Wirkung auf die L-Dopa-responsiven Symptome aus. Infrage kommt die vergleichsweise gering-invasive Therapie mit Apomorphin-Pumpe bzw. Pen, die von Patienten und Angehörigen gut bedienbar sind, u.a. auch bei Patienten mit THS-Entzugssyndrom, das beispielsweise bei Elektrodenbruch oder -infektion auftreten und lebensgefährliche Züge annehmen kann. Mit Verbreitung der THS, so Reuter „wird uns das in Zukunft häufiger beschäftigen. Auch sie hob hervor, dass Apomorphin die Lebensqualität der Patienten verbessern kann. JL
Quelle: Industriesymposium: „APOMORPHIN THERAPIE 2021 – NEU DENKEN“, 04.03.2021, DPG Virtuell „Highlights Digital“ 2021. Veranstalter: EVER Pharma GmbH Apomorhin: Dacepton® D-mine®-Pumpe D-mine®-Pen
ICD-Codes: G20

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