Behandlung der Major Depression

Neuro-Depesche 5/2016

Antidepressiva besser mit Psychotherapie kombinieren?

Zertifizierte Fortbildung

Ein Team dänischer, belgischer und niederländischer Forscher untersuchte in einer Übersichtsarbeit und anschließenden Metaanalyse, wie wirksam die Kombination von Pharmakotherapie und Psychotherapie bei depressiven Patienten gegenüber den jeweils einzelnen Ansätzen ist. Das kombinierte Vorgehen scheint in bestimmten Fällen vorteilhafter zu sein.

Gefunden wurden 23 randomisierte kontrollierte Studien (RCT) aus Europa und den USA mit insgesamt 2184 Teilnehmern mit einer Major Depression, davon 15 zur Akut- und acht zur Erhaltungstherapie. Die Pharmakotherapie umfasste geläufige Antidepressiva wie TZA (Amitriptylin, Imipramin, Nortriptylin) und SSRI (Fluoxetin, Fluvoxamin, Sertralin), die psychotherapeutischen Verfahren u. a. die CBT, interpersonelle und psychodynamische Psychotherapie, Problemlösungs- und Fertigkeitstrainings-Ansätze. Primärer Endpunkt waren die Raten ansprechender bzw. anhaltend ansprechender Patienten.
In der Akutbehandlung war die mit Antidepressiva kombinierte Psychotherapie sechs Monate nach der Randomisierung der Patienten in der Ansprechrate deutlich wirksamer als die Pharmakotherapie (Odds Ratio: 2,93; 95%-KI: 2,15–3,99; p < 0,001). Der Effekt war auch insofern eindeutig, als dass zwischen den Studien keine signifikante Heterogenität bestand (p > 0,05). Dem hingegen fiel die Ansprechrate in der Akutbehandlung gegenüber den Patienten mit alleiniger Psychotherapie nur numerisch, nicht signifikanter besser aus. Dies war sowohl nach sechs Monaten (OR: 1,42; 95%-KI: 0,97–2,07; p > 0,05) als auch nach einem Jahr der Fall (OR: 1,33; 95%-KI: 0,88– 2,14; p > 0,05).
In der Erhaltungstherapie war die Kombination aus Psycho- und Pharmakotherapie den Antidepressiva allein ebenfalls überlegen: Die Wahrscheinlichkeit für eine stabile Response auf die Behandlung war deutlich höher, sowohl nach sechs Monaten (OR: 1,61; 95%-KI: 1,14–2,27; p < 0,05), als auch nach einem Jahr (OR: 1,73; 95%-KI: 1,20–2,49; p < 0,05). Wiederum fand sich gegenüber der Psychotherapie allein kein signifikanter Unterschied. Verschiedene Subgruppenanalysen änderten an den Ergebnissen nichts Wesentliches. JL
Kommentar

Meist wird eine Depression heute erstrangig mit Antidepressiva behandelt. Die mit Medikamenten kombinierte Psychotherapie war hier der alleinigen Antidepressiva-Gabe bzgl. anhaltender Response in der Akut- und Erhaltungstherapie signifikant überlegen, nicht aber der Psychotherapie allein. Letztere könnte gerade in der Akutbehandlung eine (nebenwirkungsarme) Alternative zum kombinierten Vorgehen sein, z. B. falls ein Patient die Medikamente ablehnt.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Karyotaki E et al.: Combining pharmacotherapy and psychotherapy or monotherapy for major depression? A metaanalysis on the long-term effects. J Affect Disord 2016; 194: 144-52

ICD-Codes: F32.2

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