Depression plus kognitive Beeinträchtigung

Neuro-Depesche 3/2016

Alzheimer mit COGNISTAT erkennen?

Zertifizierte Fortbildung

Die Abgrenzung (mit kognitiven Beeinträchtigungen einhergehenden) depressiver Störungen von echten demenziellen Veränderungen kann schwierig sein. In einer japanischen Studie wurde geprüft, inwieweit sich kognitive Dysfunktionen älterer depressiver Menschen mithilfe der Neurobehavioral Cognitive Status Examination (COGNISTAT) von frühen bzw. leichten Stadien einer Late-onset-Alzheimer-Demenz unterscheiden lassen.

34 Patienten mit einer Major Depression (Hamilton Depression Rating Scale [HAMD] ≥ 14) im Alter ≥ 65 Jahren waren mit einem MMSTWert von ≤ 26 zumindest leicht kognitiv beeinträchtigt. Alle unterzogen sich initial und nach sechs Monaten dem COGNISTAT. Einen Monat später wurde bei 24 Patienten eine „Late-onset“- Depression und bei zehn eine Alzheimer-Demenz (AD) diagnostiziert. In diesen beiden Gruppen war der MMST-Wert recht ähnlich (p = 0,163), der HAMD-Score in der Depressionsgruppe aber deutlich höher (21,3 bzw. 16,1; p = 0,043). Die als depressiv Diagnostizierten wiesen in den COGNISTAT-Subtests „Orientierung“ (p = 0,010) und „Verständnis“ (p = 0,045) signifikant vorteilhaftere Werte auf als die AD-Gruppe.
Sechs Monate später waren noch 15 bzw. sieben Patienten auswertbar. Sie hatten zwischenzeitlich Mirtazapin (n = 10), Escitalopram (n = 3) oder Paroxetin (n = 2) bzw. Donepezil (n = 4) und Galantamin (n = 2) erhalten. Jetzt war der HAMD-Wert bei den Depressiven signifikant gebessert (21,6 vs. 9,3; p < 0,001), während der Unterschied in der AD-Gruppe nicht signifikant ausfiel (16,6 vs. 10,9; p = 0,185). Zudem war der durchschnittliche MMST-Wert bei Ersteren signifikant von 22,7 auf 24,9 Punkte gestiegen (p = 0,031), während er sich in der Gruppe der Dementen kaum verändert hatte (22,1 vs. 21,3, p = 0,671). Allerdings war der MMST-Unterschied nur in der Gruppe der zehn Depressiven mit Remission (HAMD ≤ 7) signifikant (p = 0,034), nicht bei den fünf Nicht-Remittierten.
Zudem hatten sich nach den sechs Monaten bei der Wiederholung der COGNISTAT nur in der Gruppe mit Depressionsdiagnose die Scores für „Gedächtnis“ (p = 0,032), „Ähnlichkeiten“ (p = 0,016) und „Beurteilen“ (p = 0,016) signifikant gegenüber Baseline verbessert. Im Falle des „Beurteilen“ schnitten erneut nur die remittierten Depressiven signifikant besser ab (p = 0,009). In der Alzheimer-Gruppe hatte sich jetzt das „Rechnen“ signifikant verschlechtert (p = 0,047).
Die HAMD-Skala hatte in der Unterscheidung von reiner Depression und AD keinen Nutzen. Mittels MMST gelang die beste Diskriminierung bei einem Cut-off-Wert von ≥ 22 Punkten; hier betrugen die Sensitivität 79% und die Spezifität 50%. COGNISTAT war in der Abgrenzung klar überlegen: Bei Grenzwerten von ≥ 10 für „Orientierung“ und ≥ 5 für „Verständnis“ betrugen die Sensitivität 92% und die Spezifität 60%. JL
Kommentar

Der in 15 bis 20 Minuten durchführbare COGNISTAT beinhaltet die zehn Kategorien Orientierung, Aufmerksamkeit, Verständnis, Repetition, Benennen, Konstruktion, Gedächtnis, Rechnen, Ähnlichkeiten und Beurteilen. Insbesondere mit den Subtests zu Orientierung und Verständnis lassen sich bei depressiven, kognitiv beeinträchtigten älteren Menschen reine Depressionen von frühen Alzheimer-Stadien unterscheiden.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Tsuruoka Y et al.: Utility of the Neurobehavioral Cognitive Status Examination (COGNISTAT) in differentiating... Ann Gen Psychiatry 2016; 15: 3 [Epub 20. Jan.; doi: 10.1186/s12991-016-0091-5]

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