Angst- und depressive Störungen

Neuro-Depesche 12/2012

Alkoholabhängigkeit verschlechtert den Verlauf

Psychiater aus Amsterdam befassten sich anhand der Daten der Netherlands Study of Depression and Anxiety (NESDA) mit der Frage, wie der Verlauf einer Angsterkrankung oder depressiven Störung durch eine komorbide Alkoholproblematik verschiedener Schweregrade beeinflusst wird. Gegenüber nicht betroffenen Patienten hatten schwer Abhängige u. a. eine erhöhte Krankheitspersistenz.

Auf eine komorbide Alkoholproblematik mittels CIDI untersucht wurde eine große Gruppe von 1369 Patienten (66% Frauen), die aktuell unter einer Angsterkrankung (n = 994) oder einer akuten depressiven Episode (n = 946) litten (gegenseitige Komorbidität: etwa 60%). Der Einfluss eines früheren Alkoholmissbrauchs oder einer -abhängigkeit sowie deren/dessen Schwere auf den Verlauf wurde über einen Zeitraum von zwei Jahren bestimmt.

Bei Patienten ohne Alkoholmissbrauch oder -abhängigkeit ergab sich nach zwei Jahren eine Persistenz der Angsterkrankung oder depressiven Störung von 53%. Bei Patienten mit früherem (remittierten) oder aktuellem Alkoholmissbrauch lag die Rate mit 51% bzw. 46% auf einem ähnlichen Niveau. Dagegen ergab sich bei jenen mit einer Alkoholabhängigkeit in der Vergangenheit oder Gegenwart eine signifikant höhere Persistenz-Rate von 62% bzw. 67%.

Der dimensionale Ansatz trug hier Früchte: Die Schwere der Abhängigkeit beeinflusste den Zweijahresverlauf ebenfalls spürbar. Die Erfüllung von mindestens sechs der diagnostischen Abhängigkeitskriterien war ein signifikanter Prädiktor für die Persistenz: 95% dieser Patienten wiesen beim Follow-up noch eine Angsterkrankung oder Depression auf – auch nach Adjustierung der Daten auf die Schwere der beiden Krankheitsbilder, auf psychosoziale Variablen wie den Berufs- und Ehestatus oder Faktoren der Behandlung wie die Einnahme von Antidepressiva/Anxiolytika. Nach Berücksichtigung blieb für schwer Abhängige eine um den Faktor 13,5 erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Fortbestehen von Angst und Depression (Odds Ratio = 13,50, p = 0,01). JL

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Fazit
?! Bisherige Studien hatten zu einer komorbiden Alkoholproblematik als Risikofaktor für einen ungünstigeren Verlauf von Angsterkrankungen oder depressiven Störungen inkonsistente Ergebnisse geliefert. Im Gegensatz zu Patienten mit einem Alkoholmissbrauch zeigten gerade jene mit einer schweren Alkoholabhängigkeit deutlich geringere Remissions- bzw. bedeutend höhere Persistenzraten. Behandelnde Ärzte sollten daher die generelle Scheu, Alkoholprobleme anzusprechen, bei ihren Patienten überwinden und in deren Interesse z. B. mit dem Alcohol Use Disorder Identification Test (AUDIT) nach einer Abhängigkeit fahnden (und diese ggf. suchtspezifisch behandeln).

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