"Late-life"-Depression

Neuro-Depesche 3/2005

Ältere nicht von der Therapie ausschließen!

In einer finnischen Studie wurden Veränderungen der depressiven Symptomatik bei älteren Männern und Frauen über einen Zehnjahreszeitraum analysiert.

Schätzungen zufolge leiden bis zu 30% der älteren Menschen an einer "Late-life"-Depression. Bei ihnen besteht häufiger ein Bündel verschiedener depressiver Symptome im Sinne einer Minor Depression. 1989 wurden im Rahmen einer Längsschnittstudie 337 weibliche und männliche Personen im Alter von 75 Jahren mittels CES-D-Skala (Center for Epidemiologic Studies Depression) auf depressive Symptome untersucht. Eine Wiederholung erfolgte nach fünf (n = 222) und zehn Jahren (n= 131). Zu Studienbeginn waren 36,6% der Frauen und 27,4% der Männer depressiv (CES-D-Grenzwert > 16 Punkte). Nach zehn Jahren lag die Prävalenz einer mindestens minoren Depression bei den nunmehr 85-Jährigen bei 44,7% (Frauen) und 29,7% (Männer). Frauen waren beim Vorrücken vom 80. auf das 85. Lebensjahr am stärksten gefährdet, eine relevante Depressivität zu entwickeln. Bei den Männern ergab sich ein solcher Trend nicht. Allerdings war in der Gesamtgruppe der Männer im Lauf der Studie ebenfalls eine Verschlechterung erkennbar: Während die Durchschnittswerte der CES-D bei den Frauen stabil blieben, stiegen sie bei den Männern auf das Niveau der weiblichen Teilnehmer an (von 10,5 auf 13,7 CES-D-Punkte). Verlauf der Depression und Prognose sind bei älteren Menschen offenbar ähnlich wie bei jüngeren. So wurden bei jenen 44 Patienten, die zu Beginn der Studie und auch nach fünf Jahren an einer Depression litten, nach zehn Jahren keine relevanten depressiven Symptome mehr diagnostiziert. Nur zwei Männer und zwölf Frauen erfüllten zu allen drei Untersuchungszeitpunkten die angelegten Depressionskriterien. Prädiktoren einer minoren Depression waren Faktoren wie starke Einsamkeit (Odds ratio: 9,28), schlechter subjektiver Gesundheitszustand (OR: 9,22), zwei oder mehr chronische Erkrankungen (OR: 2,09), eingeschränkte Bewältigung der Alltagsaktivitäten wie die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und ein verringertes Sehvermögen (OR: 2,33). Auch negative Lebensereignisse wie der Verlust eines nahestehenden Menschen standen mit den CES-D-Werten im Zusammenhang. Positive Lebensveränderungen wie neue Freundschaften, neue Freizeitinteressen, Verbesserung der finanziellen Situation etc. führten aber auch zu einer deutlichen Besserung der CES-D-Scores. Für ein erhöhtes Mortalitätsrisiko der depressiven Senioren, das die Ergebnisse anderer Studien nahelegen, ergaben sich hier keinerlei Hinweise.

Quelle: Heikkinen, RL: Depressive symptoms in late life: a 10-year follow-up, Zeitschrift: ARCHIVES OF GERONTOLOGY AND GERIATRICS, Ausgabe 38 (2004), Seiten: 239-250

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