Therapeutische Herausforderung

Neuro-Depesche 3/2016

ADHS-Management bei älteren Patienten

Zertifizierte Fortbildung

Immer mehr Menschen jenseits des 50. Lebensjahres begeben sich wegen einer ADHS in Behandlung Doch außer Fallberichten und einigen naturalistischen Studien gibt es dazu kaum Daten. In einer Übersichtsarbeit befassten sich skandinavische Ärzte nun mit dem Kenntnisstand zum Management der Erkrankung bei älteren Erwachsenen.

Die Recherche ergab vier Studien zur ADHSPrävalenz bei Älteren mit 6,2% bei 48- bis 52- Jährigen, von 4,0 bei 60- bis 70-, von 2,2% bei 68- bis 74-, von 3,3% bei 65- bis 80- und von 1,1% bei 71- bis 94-Jährigen.
Kontrollierte Studien zur medikamentösen Behandlung der Älteren existieren nicht, doch aus Beobachtungsstudien liegen Hinweise vor, dass auch dieser Personenkreis profitiert. In einer Studie an elf neudiagnostizierten Patienten im durchschnittlichen Alter von 62 Jahren verringerten verschiedene Zubereitungen und Dosen von Methylphenidat (MPH) über mindestens zwei Monate die Aufmerksamkeitsdefizite bei acht Teilnehmern signifikant. In einer Studie an 24 ADHS-Patienten (Durchschnittsalter: 66 Jahre) berichtete die Mehrheit vorteilhafte Effekte auf die Selbstorganisation und die Konzentration. Nebenwirkungen umfassten u. a. Übelkeit, Schlafstörungen, Tagesmüdigkeit, Kopfschmerz und Angst.
Die Schwere der ADHS-Symptome scheint mit zunehmendem Alter zurückzugehen. Sie war in einer australischen Studie bei den 68- bis 74-Jährigen deutlich geringer als bei den 48- bis 52-Jährigen. Dementsprechend fielen die Effektgrößen der Therapie bei den Älteren geringer aus als bei Jüngeren mit stärkerer Symptomatik.
Zum Erfolg psychotherapeutischer Interventionen liegen ebenfalls kaum Studiendaten vor. Allein oder in Verbindung mit einer medikamentösen Behandlung sollten Ansätze wie die kognitive Verhaltenstherapie oder die metakognitive Therapie geistig unbeeinträchtigten und motivierten Älteren nicht vorenthalten werden. JL
Kommentar

Vor allem geriatrische ADHS-Patienten leiden häufiger unter Körperkrankheiten und sind vulnerabler für Arzneimittelinteraktionen und Nebenwirkungen. Daher kann das Nutzen- Risiko-Verhältnis für die Pharmakotherapie ungünstiger ausfallen – gerade jenseits des 65. Lebensjahres, so die Autoren. Umso wichtiger ist es, Ältere äußerst gründlich zu untersuchen, u. a. auf Herzfrequenz, Blutdruck, Schlafstörungen und mögliche Gewichtsabnahmen. Sie empfehlen dringend, Medikamente sehr niedrig dosiert anzusetzen und auch nur langsam aufzutitrieren.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Torgersen T et al.: Optimal management of ADHD in older.... Neuropsychiatr Dis Treat 2016; 12: 79-87

ICD-Codes: F90.

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