Thymektomie bei okulärer Myasthenia gravis

Neuro-Depesche 9/2022

Prognose- und Risikofaktorenanalyse

Zertifizierte Fortbildung
Mehrere retrospektive Studien haben bei Patienten mit einer okulären Myasthenia gravis (oMG) Risikofaktoren für eine Generalisierung der MG (gMG) identifiziert. Jetzt wurde das Risiko bei thymektomierten oMG-Patienten untersucht. Gab es relevante klinische Prädiktoren für die Konversion zur gMG?
Retrospektiv wurden die Krankengeschichten von 58 oMG-Patienten ausgewertet, die sich zwischen Jan. 2012 und Dez. 2021 einer Thymektomie unterzogen hatten. Sie waren im Durchschnitt im Alter von 54.7 Jahren erkrankt, 57,7 % waren weiblich. Neben der oMG-gMG-Konversion wurden eine komplette stabile Remission (CSR) der Symptome und relevante klinische Besserungen erfasst. Dabei wurde u. a. nach den Befunden der repetitiven Stimulation (RNS) des M. orbicularis oculi (3 Hz) und nach Histotyp/Hyperplasie des Thymoms unterschieden.
 
Fast jeder Vierte konvertierte
Die mediane Nachbeobachtung dauerte 59,3 (9 - 114,5) Monate. Zuletzt hatten 13 Patienten (22,4 %) eine gMG entwickelt – median 12,7 (3 - 37,3) Monate nach Beginn der okulären Symptome und 9,2 (1,4 - 32,9) Monate nach der Thymektomie. Mit einem erhöhten Risiko für eine gMG-Konversion verbunden waren eine RNS-Positivität (Amplitudenreduktion > 10 %: 84,6 % vs. 35,6 %; p = 0,002) sowie ein histologisches B2/B3-Subtyp-Thymom (vs. AB/B1-Thymom bzw. Hyperplasie; p = 0,002).
 
Prädiktoren der Remission
16 von 52 CSR-auswertbaren Patienten (30,8 %) erreichten nach 15 bis 54, durchschnittlich 28,7 Monaten eine CSR und 15 von 58 Patienten (28,8 %) waren beim letzten Follow up klinisch gebessert. Patienten, die eine CSR erreichten, waren signifikant früher erkrankt (mit 48,3 vs. 57,5 Jahren; p = 0,022), und seltener ACh-Rezeptor-Antikörper-seropositiv (43,8 vs. 75,0 %; p = 0,029). Histologisch zeigten Patienten mit Thymushyperplasie und Thymom im Masaoka–Koga-Stadium I eine höhere CSR-Wahrscheinlichkeit als jene mit Thymom Stadium II/III (p = 0,010). Die multivariate Regressionsanalyse bestätigte signifikante Assoziationen der oMG-Konversion nach der Thymektomie mit der RNS-Positivität (Hazard Ratio: 6,007, p = 0,021) und dem B2/B3-Thymom-Histotyp (HR: 4,611, p = 0,048). Eine CSR nach dem Eingriff begünstigte dagegen eine Thymushyperplasie und ein Stadium-I-Thymom (HR: 0,300; p = 0,026). JL
Fazit
Bei oMG-Patienten sind RNS-Positivität und der Histosubtyp B2/B3-Thymom- unabhängige Prädiktoren für eine Konversion zu einer gMG. Andererseits sagen Thymushyperplasie und ein Thymom im Stadium I in unabhängiger Weise eine komplette Remission voraus.


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

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