Übersichtsarbeit

Neuro-Depesche 4/2022

Management neuropsychiatrischer Probleme: Gokus Depression

Zertifizierte Fortbildung

Im Verlauf des Morbus Parkinson leidet die überwiegende Mehrheit der Patienten unter neuropsychiatrischen Symptomen und Störungen wie Depression, Angst, Psychose, Impulskontrollstörungen (ICD), Apathie und Demenz. In einer umfassenden Übersichtsarbeit wird das Management dieser Probleme geschildert. Hier als Auszug die Ausführungen zur Depression.

Bei Krankheitsbeginn sind Depression und Angst die häufigsten neuropsychiatrischen Symptome mit einer Prävalenz von 30 % -35 %, in fortgeschrittenen Stadien von ca. 60 % – und hier vor allem im Rahmen nicht-motorischer Fluktuationen in den Off-Perioden.
 
Prädiktoren der Depression
Weibliches Geschlecht, jüngeres Alter, frühere depressive Episoden und eine familiäre Anamnese sind Prädiktoren der Depression. Hinzu kommen kognitive Beeinträchtigungen und Schlafstörungen sowie andere nicht-motorische Symptome wie Obstipation, Schmerzen, gastrointestinale Symptome und Fatigue. Außerdem prädizieren sie längere Krank‑heitsdauer, motorische Fluktuationen, beeinträchtigte Alltagsaktivitäten und re‑duzierte körperliche Aktivität. Eine Depression wird natürlich auch durch psychische oder psychosoziale Faktoren wie verminderte soziale Teilhabe begünstigt.
 
Neurobiologische Aspekte
Neurobiologischen Substrate der Depression bei Parkinson-Patienten scheinen Funktionsstörungen in subkortikalen Kernen und im Präfrontalkortex sowie dysfunktionale striato-thalamo-präfrontale und basotemporal-limbische Schaltkreise zu sein. Hinzu kommen Störungen der dopaminergen, serotononergen und adrenergen Transmittersysteme (u. a. im Hirnstamm).
 
Die Behandlungsoptionen
Zur Therapie der Depression bei Parkinson-Patienten liegen kaum kontrollierte Studien vor. Als wirksam und sicher haben sich u. a. SSRI (z. B. Escitalopram), SNRI und TZA (z. B. Nortriptylin) erwiesen. Sie verschlechtern die Motorik in der Regel nicht. Auch reversible, selektive MAO-B-Hemmer und Dopaminagonisten können die Stimmung positiv beeinflussen. Die Wirksamkeit von Cannabinoiden wird noch untersucht. Signifikante antidepressive Effekte lassen sich ferner mit psychologischen Ansätzen wie einer – ggf. telemedizinisch durchgeführten kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) erzielen. Gemischte Resultate liegen z. B. für die repetitive transkranielle Magnetstimulation und Ansätze wie die Lichttherapie vor. Bei refraktärer Depression wird auch eine Elektrokrampftherapie eingesetzt.
Die Unterdiagnostizierung der Depressionen bei Parkinson-Patienten wird auf ca. 50 % geschätzt. Sie sollten etwa alle sechs bis zwölf Monate mit geeigneten Instrumenten gescreent werden. JL


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Weintraub D et al.: The neuropsychiatry of Parkinson‘s disease: advances and challenges. Lancet Neurol 2022; 21(1): 89-102

ICD-Codes: G20

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