Myoklonisch-atonische Anfälle bei Kindern

Neuro-Depesche 11-12/2021

Morphometrie deckt kortikale Anomalien auf

Zertifizierte Fortbildung
Beim Doose-Syndrom handelt es sich um eine seltene Form der Epilepsie mit myoklonisch-astatischen Anfällen (EMAS; OMIM *616421), die typischerweise zwischen dem 2. und 4. Lebensjahr auftritt. In der Routine-Bildgebung werden in der Regel keine Auffälligkeiten festgestellt. Ein Schweizer Forscherteam hat jetzt bei Patienten mehrere Jahre nach Ausbruch der EMAS mittels hochauflösender MRT morphometrische Veränderungen im Kortex entdeckt.
Bei 14 seit 0,6 - 11, median 4,86 Jahren erkrankten EMAS-Patienten im Alter zwischen fünf und 14, median 10,5 Jahren sowie 14 gesunden Kontrollpersonen wurden T1-gewichtete MRT-Aufnahmen des Gehirns angefertigt. Für Gruppenvergleiche und Regressionsanalysen wurden das kortikale Volumen (CV), die kortikale Dicke (CT), der lokale Gyrifikations-Index (LGI) und subkortikale Volumina ermittelt. Die 14 Kinder (IQ 40 - 110; median 86,5) wurden nach Anfallskontrolle, Intelligenzquotient (IQ) sowie kognitiven und verhaltensbezogenen Fähigkeiten in drei Gruppen unterteilt: sechs mit gutem Outcome (medianer IQ 93,5), drei mit mittlerem (medianer IQ 88) und fünf mit schlechtem Outcome (medianer IQ 53).
 
Unterschiede in mehreren Hirnregionen
Der hirnmorphometrische Vergleich der EMAS-Patienten mit der Kontrollgruppe ergab mehrere signifikante Abweichungen. Dies betraf Verringerungen des CV in den Frontal-, Temporal- und Parietallappen (p = 0,001, 0,009 bzw. 0,024), der CT und des LGI in den Frontallappen (p = 0,036 bzw. 0,032) sowie das Kleinhirnvolumen (p = 0,011). Letzteres war weder mit der Anzahl der Antiepileptika noch mit der Dauer der Epilepsie korreliert (p > 0,62).
Bei den fünf EMAS-Patienten mit schlechtem Outcome fielen der frontale und temporale LGI im Durchschnitt deutlich niedriger aus, (p = 0,033 und p = 0,019), während die Gruppe der neun Patienten mit gutem/mittlerem Outcome einen vergleichbaren LGI wie die Kontrollen aufwiesen (p > 0,27 in allen Hirnlappen). JL
Fazit
Strukturelle Hirnunterschiede in dieser Stichprobe von Kindern mit EMAS betrafen hauptsächlich die Frontallappen und das Kleinhirn und ähneln denen bei Patienten mit genetischen/idiopathischen generalisierten Epilepsien. Der LGI korrelierte mit dem Outcome am besten. Ob die teilweise mit Epilepsie- und Kognitionsmerkmalen in Verbindung stehenden Volumenreduktionen genetisch determiniert sind oder erst infolge der Epilepsie-Aktivität entstehen, bliebe in prospektiven Längsschnittstudien zu klären.


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle: Denervaud S et al.: Structural brain abnormalities in epilepsy with myoclonic atonic seizures. Epilepsy Res 2021; 177: 106771. [Epub 21. Sept.; doi: 10.1016/j.eplepsyres.2021.106771

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