Männlicher Jugendlicher in einer Beratungssituation blickt nach unten

Antidepressiva-Therapie bei jungen Erwachsenen

Neuro-Depesche 11-12/2021

Dies begünstigt Therapieswitch und -abbruch

Zertifizierte Fortbildung
Um Rückfällen vorzubeugen, sollte die medikamentöse Behandlung einer Major Depression über mindestens sechs Monate fortgeführt werden. In Finnland wurde jetzt bei jungen Erwachsenen untersucht, welche Faktoren dafür verantwortlich sind, dass die Therapie mit Antidepressiva umgestellt oder abgebrochen wird.
Ausgewertet wurden Register-Daten von 52.855 Personen (durchschnittlich 23,6 Jahre alt, 64,1 % Frauen), denen ein Antidepressivum erstmals (oder nach ≥ 6 Monaten Karenz) verordnet worden war. Zumeist (76,3 %) hatten sie initial einen SSRI (vor allem Escitalopram oder Citalopram) erhalten, gefolgt von SNRI (10,3 %; meist Venlafaxin) und Mirtazapin (7,6 %). Ein trizyklisches Antidepressivum (TZA) war nur 388 mal (0,7 %) verordnet worden.
 
Umstellung bei jedem Fünften, früher Abbbruch bei der Hälfte
Bei 9.179 Patienten (17,4 %) wurde die Therapie nach median 81 Tagen umgestellt: Gegenüber der SSRI-Verordnung (17,0 %) als Referenz gingen mit einer Switch einher: Beginn mit ≥ 2 Antidepressiva (52,7 %; Hazard Ratio [HR]: 4,85), mit TZA (29,1 %; HR: 2,41) sowie mit Mirtazapin (HR: 1,82) oder „anderen Antidepressiva“ (HR: 1,27). Unter SNRI war das Risiko dagegen verringert (15,2 %; HR: 0,95). Außerdem wurde eine Therapieumstellung begünstigt durch die initiale Einnahme von Z-Substanzen (HR: 1,22) oder Benzodiazepinen (HR: 1,21).
 

Während der Nachbeobachtung von median 1 82 T agen b eendeten 4 3.088 T eilnehmer (81,5 %) die Antidepressiva-Einnahme nach median 132 (56 - 289) Tagen: 27,6 % in den ersten drei Monaten, 21,9 % zwischen Monat 3 und 6 und 20,1 % zwischen Monat 6 und 12. Ein Abbruch stand u. a. in Verbindung mit jüngerem Alter (18 - 24 vs. 25 - 29 Jahre HR: 1,15;), männlichem Geschlecht (HR: 1,14; 95 %-KI: 1,12 - 1,17), einer komorbiden ADHS (HR: 1,14), frühere/r Selbstverletzung oder Suizidversuch (HR: 1,18), Substanzenmissbrauch (HR 1,27) und Behandlungsbeginn mit Mirtazapin (HR: 1,29) oder „anderen Antidepressiva“ (HR: 1,32). Die mediane Zeit bis zum Absetzen (s. Abb.) war bei SSRI (144 Tage) am längsten, gefolgt von SNRI (116 Tage), TZA, „anderen Antidepressiva“ und Mirtazapin (je 98 Tage). JL

Fazit
Diese Studie zeigt, bei welchen Patienten und unter welchen Antidepressiva ein erhöhtes Risiko für Therapieumstellungen und -abbrüche besteht. Als First line-Antidepressiva schnitten vor allem SSRI und SNRI gut ab. Die Autoren empfehlen, im Alltag besonders auf Personen mit früheren Selbstverletzungen, Suizidversuchen oder Substanzmissbrauch zu achten.


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

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