Genetischer Risiko-Score

Neuro-Depesche 5-6/2020

SNP‘s mit Narkolepsie-Risiko verbunden?

Zertifizierte Fortbildung
Genomweite Assoziationsstudien (GWAS) haben eine große Zahl von Single Nucleotid- Polymorphismen (SNP) identifiziert, die mit einer Narkolepsie assoziiert sind, u. a. im humanen Leukozyten-Antigen (HLA). Der bislang unbekannte Gesamteffekt aller SNP auf das genetische Narkolepsie-Risiko wurde jetzt näher quantifiziert.
In chinesischen und europäischen Studien waren 40 Narkolepsie-relevante SNP auf den Genen 1, 3, 4, 6 (HLA), 7, 8, 10, 11, 12, 14, 15, 18, 19, 20, 21 und 22 identifiziert worden. Bei 903 chinesischen Narkolepsie- Patienten (mit Hypocretin-1-Liquorkonzentration ≤ 110 pg/ml oder eindeutiger Kataplexie und HLA-DQB1*06:02-Allel) und 1.981 gesunden Kontrollen fanden sich 14 relevante SNP. Nach Bonferroni- Korrektur waren noch neun einzelne SNP (in der TRB-, ZNF365-, TRA- und HLARegion) signifikant mit der Schlafstörung assoziiert.
Aus allen Daten wurden ein genetischer Risiko-Score (GRS) und vier Gruppen gebildet: GRS1 mit 16 SNP schloss jene in der HLA-Region auf Chromosom 6 aus, GRS2 war auf die vier SNP aus der HLA-Region beschränkt, GRS3 umfasste 27 wichtige SNP und GRS4 lediglich die fünf wichtigsten in der chinesischen Population identifizierten SNP.
Alle vier GRS-Gruppen zeigten eine starke Assoziation mit dem Narkolepsie-Risiko, auch jene mit SNP außerhalb der HLARegion. Die Wahrscheinlichkeit für eine Narkolepsie stieg auch mit der Anzahl der beteiligten genetischen Loci in jeder der vier GRS-Gruppen an: Die Odds Ratios (OR) bei einem hohen (vs. niedrigen) „Genetic load“ rangierten zwischen 1,703 (GRS2), 2,016 (GRS1), 2,586 (GRS3) und 4,298 (GRS4). Somit war die Narkolepsie-Assoziation in der GRS4-Gruppe mit Abstand am größten, gefolgt von GRS3.
Die Diskriminierungsfähigkeit der GRS für Personen mit hohem Narkolepsie-Risiko (nach der AUC) lag bei Werten von 0,709 (GRS1) bis 0,736 (GRS4). Bei einem Cut-off von 0,335 ließen sich in der chinesischen Population (GRS4) Narkolepsie-Patienten von gesunden Kontrollen mit einer Sensitivität von 70,9 % und einer Spezifität von 65,1 % unterscheiden. JL
Fazit
Die Ergebnisse legen nahe, dass die auf der Kombination häufiger genetischer Variationen beruhenden GRS-Werte sich zur Stratifizierung des Narkolepsie- Risikos eignen. Dabei spielen offenbar nicht nur Varianten in der etablierten HLA-Region, sondern auch SNP außerhalb davon eine wichtige Rolle. Die GRS-Methodik könnte vor allem bei HLA-DQB1*06:02-negativen Patienten in Studien eingesetzt werden.


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle: Ouyang H et al.: Association between genetic risk scores and risk of narcolepsy: a case-control study. Ann Transl Med 2020; 8(4): 103 [doi: 10.21037/ atm.2019.12.95]

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