In-utero-Exposition

Neuro-Depesche 1-2/2019

Mütterliche Depression erhöht Autismus- Risiko – Antidepressiva-Therapie auch?

Zertifizierte Fortbildung

Studien deuten darauf hin, dass eine Depression in der Schwangerschaft das Risiko für eine Autismus-Spektrum-Störung (ASD) wie Asperger-Syndrom etc. bei den Nachkommen erhöht. Mediziner analysierten die möglichen Zusammenhänge bei einer großen Fallzahl und prüften, welchen Einfluss eine pränatale Antidepressiva-Exposition hat.

Für die Kohortenstudie wurden 194.494 Mutter-Baby-Paare identifiziert, bei denen eine Anamnese der Mutter über ≥ 12 Monate und ein Follow-up des Kindes ≥ drei Jahre vorlag. Die in-utero-Exposition wurden klassifiziert als 1) mit Antidepressiva behandelte Depression (n = 25.778), 2) unbehandelte Depression (n = 12.994) und 3) Antidepressiva-Therapie bei anderer Indikation (Angst, Neuropathie, Schmerz, Insomnie, Migräne etc; n = 1.615). Als Referenz dienten die 154.107 Mütter ohne Depression und ohne Antidepressiva-Einnahme. Die Nachbeobachtungszeit betrug > acht Jahre.
Unter den 194.494 Kindern fanden sich 2.154 Nachkommen mit ASD (84,8 % Jungen), darunter 1.500 im nicht- und 654 im exponierten Kollektiv. Pro 1.000 Schwangerschaften betrug die ASD-Prävalenz 9,7 bei Kindern nicht exponierter Frauen. In den Gruppen mit unbehandelter/behandelter Depression lag sie bei 15,1 bzw. 17,3, in der Gruppe mit Antidepressiva-Einnahme für andere Indikationen bei 7,4.
Im Vergleich zur Gruppe der in keiner Hinsicht exponierten Patienten war das relative Risiko (RR) für eine ASD für die Müttergruppe mit behandelter Depression um 70 % erhöht und für jene mit unbehandelter Depression um 49 %. Dies betraf sowohl die Monotherapie mit SSRI (RR: 1,68) und TZA (RR: 1,95) als auch Antidepressiva-Kombinationen (RR: 1,78). Dagegen erwies sich das RR bei Frauen, die Antidepressiva für andere Indikationen erhalten hatten, gegenüber der Referenz als nicht erhöht (RR: 0,73, 95 %-KI: 0,41 - 1,29).
Weitergehende Analysen zeigten, dass das ASD-Risiko der Nachkommen mit zunehmendem Schweregrad der Depression (definiert anhand der Dauer und der Intensität früherer Therapien) anstieg. JL
Kommentar

Schwangere depressive Frauen haben ein deutlich erhöhtes Risiko, dass ihr Kind eine ASD entwickelt. Dies könnte auf einer gemeinsamen genetischen Disposition beruhen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die ASD-Gefahr von der pränatalen Antidepressiva-Gabe weitgehend unabhängig ist. Sie betonen, dass 97% der Kinder mit pränataler Antidepressiva-Exposition keine ASD entwickelten.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Hagberg KW et al.: Maternal depression and antidepressant use during pregnancy and the risk of autism spectrum disorder in offspring. Clin Epidemiol 2018; 10: 1599-1612

ICD-Codes: F84.0

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