Internet Gaming Disorder bei Studenten

Neuro-Depesche 1-2/2019

Gehäuft dissoziative Erfahrungen

Zertifizierte Fortbildung

Die Online-Spielsucht greift bei Jugendlichen, aber auch bei Erwachsenen um sich. Jetzt wurde bei italienischen Studenten die Häufigkeit einer Internet Gaming Disorder (IGD) untersucht. Neben einer hohen Prävalenz wurden dabei signifikante Zusammenhänge mit dissoziativen Störungen entdeckt.

Die Stichprobe der Universität von Catania umfasste 93 Männer und 128 Frauen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren ohne relevante psychiatrische Erkrankung wie Depression oder Psychose. Die verwendeten Spieltypen waren Multiplayer Online-Rollenspiele (30 %), ohne Softwaredownload direkt im Browser gespielte „Flash games“ (26 %), andere Multiplayer-Spiele (24 %) und herkömmliche, nun online gespielte Spiele wie beispielsweise Poker etc. (23 %).
Die Symptome der Studenten wurden mit der APA-Symptom-Checkliste (basierend auf den IGD-Diagnosekriterien des DSM-5), der Skala IGD - Short Form (IGD9- SF) und mit der italienischen Version der dissoziativen Erfahrungsskala für Jugendliche und junge Erwachsene (A-DES) erfasst.
73 % der Teilnehmer bezeichneten sich als Spieler und engagierten sich in mehr als einer Art von Spiel. Nach dem IGDS9-SF fand sich bei 84,61 % ein erhöhtes Spielstörungsrisiko. Insbesondere wurde hier die aus der Literatur bekannte Gefährdung männlicher Online-Spieler bestätigt (Gesamt-score 28,034 vs. 27,293; p = 0,0005). Nach der APA-Symptom-Checkliste erfüllten 33 der 221 Teilnehmer (14,9 %) ≥ fünf der neun Kriterien für die klinische IGD-Diagnose (darunter 31 männlich). Sie hatten vor allem Schwierigkeiten, ihre Spielaktivität zu kontrollieren.
Außerdem ergab sich in der deskriptiven Analyse bei den Männern gegenüber den Frauen eine jeweils signifikante (p < 0,05) Häufung an dissoziativen Phänomenen. Die Korrelationen der A-DES-Subskalen mit den IGDS9-SF-Scores betrafen u. a. Depersonalisierung und Derealisierung, Absorption und imaginative Beteiligung sowie passive Beeinflussung. JL
Kommentar

Eine Internet-Spielstörung (IGD) geht nicht nur mit vermehrter psychiatrischer Komorbidität (Depression, Angst) einher, sondern offenbar auch mit dissoziativen Erfahrungen – besonders bei männlichen Personen. Gemäß dem letzten Bericht der Entertainment Software Association (ESA) sind 60 % der Spieler männlich (und 31 % jünger als 18 Jahre). Die neurobiologischen Mechanismen der IGD entsprechen denen substanzgebundener Süchte, so die Autoren. Sie warnen davor, das wachsende Problem des Online-Gamings in der Gesellschaft zu unterschätzen und fordern präventive Anstrengungen.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

De Pasquale C et al.: Relationship of Internet gaming disorder with dissociative experience in Italian university students. Ann Gen Psychiatry 2018; 17: 28 [Epub 15. Juni; doi: 10.1186/s12991-018-0198-y]

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