Training mittels Brain-Computer-Interface

Neuro-Depesche 10/2018

Aufmerksamkeit bei Kindern mit ADHS gebessert, Netzwerkaktivität normalisiert

Zertifizierte Fortbildung

Bei Kindern mit ADHS kann eine Trainingsintervention mit einem Brain-Computer-Interface positive Effekte auf die Unaufmerksamkeitssymptomatik haben. Darüber hinaus werden offenbar auch die zugeordneten neuronalen Netzwerke im Sinne einer Normalisierung „umorganisiert“.

An der Studie nahmen 29 Jungen mit einer seit Jahren bestehenden ADHS teil. 18 unterzogen sich einem achtwöchigen Training mit 3 Sitzungen pro Woche unter Anwendung eines Brain-Computer-Interface (BCI)-basierten Neurofeedback-Systems, das spezifische EEG-Signale nutzt. Die Probanden sollen im Rahmen eines Action-Games mittels Avatar lernen, ihre Hirnaktivität zu modulieren, um neuroplastische Veränderungen im ZNS zu induzieren. Die übrigen 11 Jungen mit ADHS dienten als Kontrollen.
Vor und nach dem BCI-Training verglichen wurden sowohl die klinische Symptomatik nach der ADHD Rating Scale (ADHD-RS) und der Child Behavior Checklist (CBCL) als auch die Veränderungen der funktionellen Konnektivität bzw. der Organisation diverser neuronaler Netzwerke anhand von funktionellen MRT- (fMRT)-Aufnahmen.
Gegenüber der Nicht-Interventionsgruppe (ADHD-NI), zeigte die Interventionsgruppe (ADHD-I) eine deutlich stärkere Reduktion der Unaufmerksamkeitssymptome (p = 0,038) und eine tendenzielle Besserung internalisierender Probleme nach CBCL (p = 0,44). Dies ging einher mit Veränderungen der funktionellen Netzwerk-Topologie nach dem Training.
Im Einzelnen fand sich in der ADHD-NI-Gruppe eine unvorteilhafte, erhöhte funktionelle Konnektivität (FC) im ventralen „Salience- Netzwerk“ (SVN) und zwischen diversen Aufgaben-positiven Netzwerken (inkl. SVN, dorsalen Aufmerksamkeits-, somatomotorischen und exekutiven Netzwerken sowie Kontrollnetzwerken) und subkortikalen Regionen.
Im Gegensatz dazu war dieses FC-Muster in der ADHD-I-Gruppe nicht vorhanden: Bei diesen Patienten fanden sich nach dem Training positive Effekte (wie eine verringerte Zentralität) in den Aufgaben-positiven und den „Default mode networks (DMN) sowie vor allem eine reduzierte („gesündere“) FC im SVN.
Bemerkenswerterweise erwies sich die nach der achtwöchigen BCI-basierten Intervention reduzierte lokale Aktivität vor allem im SVN als signifikant korreliert mit den geringeren Unaufmerksamkeitssymptomen bzw. internalisierten Problemen. JL
Kommentar

Offenbar durch die „Reorganisierung“ der Ruhekonnektivität funktioneller neuronaler Netzwerke, insbesondere des SVN, förderte das BCI-basierte Aufmerksamkeitstraining bei den ADHS-Patienten die Besserung der Symptome. Zukünftige Längsschnittstudien mit einer entsprechenden Bildgebung über längere Zeiträume werden gebraucht, um zielgerichtete BCI-basierte Interventionen zur nachträglichen Hirnreifung junger ADHS-Patienten zu entwickeln.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Qian X et al.: Brain-computer-interface-based intervention re-normalizes brain functional network topology in children with attention deficit/hyperactivity disorder. Transl Psychiatry 2018; 8(1): 149 [Epub 10. Aug.; doi: 10.1038/s41398-018-0213-8]

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