Progression der Multiplen Sklerose

Neuro-Depesche 9/2018

Rückenmark-Atrophie stärker beachten?

Zertifizierte Fortbildung

Bei der MS bisher weit weniger beachtet als die (etablierte) Hirnatrophie wird die – in Querschnittsstudien mit der Krankheitsschwere korrelierende – Volumenverringerung des Rückenmarks (RM). Jetzt wurde anhand einer großen MS-Kohorte über fünf Jahre geprüft, ob sich das spinale Volumen (SCV) als Progressionsmarker eignet.

Mittels 3-dimensionaler T1-gewichteter MPRAGE-Aufnahmen (1,5 Tesla) wurde jährlich das SCV im oberen Halsmark bei 231 MS-Patienten bestimmt und außerdem das Gesamthirnvolumen und das T2-Läsionsvolumen untersucht. 180 wiesen über die durchschnittlich 5,1 Jahre dauerhaft eine schubförmig remittierende MS (RRMS) auf, 51 eine sekundär progressive MS (SPMS). Zudem wurde jeweils der Behinderungsgrad (EDSS) dokumentiert.
Die Patienten mit einer SPMS wiesen gegenüber jenen mit einer RRMS ein signifikant niedrigeres SCV auf (p < 0,01), doch die Unterschiede in der – relativ geringen – Atrophie-Zunahme über die sechs Jahre war (erstaunlicherweise) nicht signifikant (0,62% vs. 0,38%; 
p = 0,24). Die SCV-Atrophie im Verlauf wurde in der RRMS-Gruppe lediglich von der Zahl der klinischen Schübe stark prädiziert (p < 005).
Anders als das Gesamthirnvolumen und das T2-Läsionsvolumen war die SCV ein starker Prädiktor der EDSS-Verschlechterung im Verlauf (p < 0,05): Die durchschnittliche Rate an SCV-Verlust pro Jahr erwies sich in der Tat als der beste MRT-Prädiktor für die jährliche durchschnittliche EDSS-Zunahme – sowohl bei den RRMS-Patienten als auch (und sogar noch enger korreliert) in der SPMS-Gruppe. In beiden Verlaufsformen ging jede Zunahme des jährlichen SCV-Verlusts um 1% einher mit einem zusätzlichen Behinderungsprogressions- Risiko von 28% im Folgejahr. JL
Kommentar

Die Autoren plädieren dafür, die SCV-Atrophie als zusätzlichen Marker zum Monitoring der Krankheitsaktivität einzusetzen. In einem begleitenden Kommentar wird empfohlen, die SCV dringend weiter zu erforschen, aber aufgrund mangelnder Standardisierung noch nicht als Endpunkt in klinischen Studien zu verwenden.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Tsagkas C et al.: Spinal cord volume loss: A marker of disease progression in multiple sclerosis. Neurology 2018 [Epub 27. Juni; doi: 10.1212/ WNL.0000000000005853];

Prados F, Barkhof F: Spinal cord atrophy rates: Ready for prime time in multiple sclerosis clinical trials? Ebenda [doi: 10.1212/ WNL.0000000000005873]

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