Komplikationen unter Dopaminergika

Neuro-Depesche 11/2016

Treten Impulskontrollstörungen bei Augmentation gehäuft auf?

Zertifizierte Fortbildung

Impulskontrollstörungen (ICD) wie pathologisches Spielen, zwanghaftes Shoppen und Hypersexualität stellen eine ernste Komplikation bei der Behandlung mit dopaminergen Medikamenten dar – offenbar nicht nur bei Parkinson-Patienten, sondern auch bei RLSBetroffenen. Jetzt wurde in einer Fall-Kontroll-Studie untersucht, ob ICD-Symptome bei Patienten mit Augmentation der RLS-Beschwerden gehäuft auftreten.

Die europäische Neurologengruppe schloss 58 Patienten mit einem idiopathischen RLS (nach den Kriterien der International Restless Legs Syndrome Study Group) in die Studie ein. Unter ihnen zeigten 35 (60,3%) Zeichen einer Augmentation.
Während sich die demographischen Merkmale kaum unterschieden, waren bei den Patienten mit Augmentation die L-Dopa-Äquivalenzdosis (LÄD; 123,3 vs. 58,3 mg; p = 0,003) und die RLS-Schwere nach IRLS-Score (24,2 vs. 17,4; p = 0,004) deutlich höher.
Nach den Ergebnissen semistrukturierter Interviews auf Basis des Questionnaire for Impulsive- Compulsive Disorders in Parkinson’s Disease (QUIP) wiesen 23 RLS-Patienten (39,7%) mindestens ein ICD-Symptom auf und unter ihnen zehn mindestens zwei ICD-Symptome. Bei zwölf Patienten (20,7%) wurde eine definitive ICD diagnostiziert. Alle zwölf litten unter einer Augmentation. Bei den RLS-Patienten mit ICD war die LÄD nicht signifikant, aber tendenziell höher (p = 0,053).
In der nicht-adjustierten Univarianz-Analyse hatten die 35 Patienten mit Augmentation ein mehr als fünffach erhöhtes Risiko, unter ICDSymptomen zu leiden (Odds Ratio: 5,6; 95%- iges Konfidenzintervall: 1,59–20,02; p = 0,007). Adjustiert auf Alter und Geschlecht lag die OR bei 7,3 (p = 0,005). Bei zusätzlicher Einberechnung von LÄD, RLS-Schwere, Krankheitsdauer etc. in die multivariate Regressionsanalyse war die Augmentation der einzige signifikante Prädiktor für ICD-Symptome mit einem sechsfach erhöhten Risiko (OR: 6,2; p = 0,04). JL

KOMMENTAR

Eine ICD betrifft Schätzungen zufolge 7%– 16% der mit Dopaminagonisten behandelten RLS-Patienten. Dass Patienten mit Augmentationszeichen in dieser Studie ein etwa sechsfach erhöhtes ICD-Risiko aufwiesen als jene ohne diese Ausweitung der RLS-Symptome, spricht für eine gemeinsame pathophysiologische Grundlage der beiden Komplikationen. Es legt außerdem nahe, die Betroffenen rigoros auf ICD-Symptome zu untersuchen. Die Autoren heben hervor, dass die Risikoerhöhung von der L-DopaÄquivalenzdosis unabhängig scheint. Auch RLS-Patienten unter niedrigeren Dopaminergika- Dosen scheinen also gegen Impulskontrollstörungen nicht gefeit.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Heim B et al.: Augmentation and impulsive behaviors in restless legs syndrome: Coexistence or association? Neurology 2016; 87(1): 36-40

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x